Wien/Stanford. Wärme in Strom zu verwandeln könnte eine Lösung der Zukunft sein. Bei der "thermionischen Energieumwandlung" wird Wärme direkt in Elektrizität transformiert. Der Vorgang beruht auf einem Prozess namens "Glühemission", also dem Austreten von Elektronen aus einem heißen Körper. Ein an der Universität Stanford tätiger österreichischer Physiker hat ein neues Material entwickelt, bei dem die Elektronen so leicht wie nie entweichen können, berichtet er im Fachblatt "ACS Energy Letters".
Ein thermionischer Energiewandler (TEC) besteht im Prinzip aus zwei Elektroden: Die Kathode wird dabei aufgeheizt. Dadurch treten Elektronen aus der Kathodenoberfläche aus und gelangen zur kälteren Anode. Es baut sich eine Potentialdifferenz zwischen den Elektroden auf, schließt man einen Verbraucher an, fließt Strom.
Diesen Effekt kann man etwa dazu nutzen, Abwärme effizient in Elektrizität umzuwandeln. Um hohe Stromdichten zu erreichen, muss die Kathode allerdings auf über 1000 Grad Celsius aufgeheizt werden. Aus diesem Grund wird an Materialien mit geringer "Austrittsarbeit" gearbeitet. Diese Größe gibt an, wie leicht ein Elektron eine Materialoberfläche verlassen kann.
Einsetzbar auch im Haushalt
Ziel sei es, Materialien zu entwickeln, die auch schon bei unter 600 Grad Celsius effizient Wärme in Elektrizität umwandeln, erklärt Peter Schindler, der seit 2016 mit einem Erwin-Schrödinger-Stipendium als Postdoc an der renommierten Universität Stanford arbeitet. Dann könnte man TECs etwa in industriellen Prozessen, wo viel Abwärme entsteht, zur Stromproduktion einsetzen. Aber auch im Haushalt könnten neuartige TECs die Abwärme von Gasthermen in Strom umwandeln.
Schindler hat nun eine einkristalline Scheibe eines Halbleiters (n-dotiertes Gallium-Arsenid) mit einer atomaren Lage von Cäsium und Sauerstoff bedeckt. Die Deckschicht erleichtert es Elektronen aus der Oberfläche auszutreten. Zusätzlich wird diese mit einem Laser stimuliert, der diesen Effekt noch verstärkt. Laut Schindler wurde dieses Material bereits für andere Anwendungsgebiete, etwa Photokathoden zum Nachweis von Lichtteilchen, verwendet, aber noch nie für thermionische Energiewandler.
Anwendungen in der Industrie
"Wir haben mit dieser Methode und diesem Material die niedrigste Austrittsarbeit erzielt, die je erreicht wurde", erklärt Schindler. Dieser Wert liegt mit 0,7 Elektronenvolt (eV) deutlich unter dem bisherigen Rekordwert von 1 eV, der von der Arbeitsgruppe in Stanford, in der der Österreicher beschäftigt ist, erreicht wurde. Bisher für Elektronenemissions-Anwendungen üblich genutzte Materialien hatten eine Austrittsarbeit von rund 2,5 eV.
Die Wissenschafter haben einen Prototyp eines auf ihrem Material und ihrer Methode basierenden TEC erfolgreich getestet. Für Schindler stehen thermionische Energiewandler nicht in Konkurrenz zu anderen erneuerbaren Energiequellen wie Solarpaneelen. "TEC eignen sich aber hervorragend für den Einsatz in industriellen Prozessen, wo viel Abwärme produziert wird, die sonst verloren gehen würde. Eine Methode zur effizienten Umwandlung von Wärme in Elektrizität könnte den weltweiten Ausstoß von CO2 stark reduzieren", sagte der Physiker. (apa)