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Ein Asteroid wie ein Märchenschloss

Von Eva Stanzl

Wissen
Roboter-Arm sank zu tief in den Boden ein.
© nasa/goddard/U. Arizona

Die US-Sonde "Osiris Rex" hat zu viel Material von der weichen Oberfläche des Asteroiden Bennu gesammelt - nun muss es sicher verstaut werden.


Washington/Wien. Die Begebenheit zeigt, dass es nahezu unmöglich ist, eine Weltraummission punktgenau zu planen. Die US-Sonde "Osiris Rex" hat zu viel Oberflächen-Material des Asteroiden Bennu gesammelt. Dadurch ist der Transportbehälter so voll geworden, dass der Verschluss klemmt und nun nicht mehr zugehen will. Derzeit verstreut die Sonde Brösel von wertvollem Asteroiden-Boden im All, statt diese zur Erde zurückzubringen.

War das Gerät so gefräßig, weil es schlampig programmiert worden war? Ignorierte der Roboter-Arm sein Programm? Weder-noch. Vielmehr konnten die Ingenieure der Nasa nicht wissen, wie fest der Boden des Asteroiden sein würde. Somit konnten sie zwar für alle Eventualitäten, aber nicht für den spezifischen Fall vorsorgen.

Der Verschluss ist blockiert

Bilder des Roboter-Arms "Touch-And-Go Sample Acquisition Mechanism" (Tagsam), der Mitte vergangener Woche die Bodenproben aufgenommen hatte, zeigen Brösel und kleinere Brocken, die aus dem dafür vorgesehen Behälter fallen, obwohl dieser nach der Probenentnahme sich von selbst hätte schließen sollen. Nun aber blockieren größere Steine den Verschluss.

Vergangene Woche hatte "Osiris Rex" nach vierjähriger Reise durch das All für nur wenige Sekunden auf dem 330 Millionen Kilometer von der Erde entfernten Bennu aufgesetzt. Eine der größten Unsicherheiten der Mission war die Oberflächenbeschaffenheit des Asteroiden. Tagsam war bei dem Manöver bis zu 48 Zentimeter in dessen Oberfläche eingesunken. Die weiche Landung erschwerte die Abläufe.

"Beim Design des Roboter-Arms mussten wir alles mitbedenken, von einer Struktur hart wie Beton bis hin zu einer Oberfläche, die nahezu keinen Widerstand bietet und in der Fachsprache Märchenschloss heißt", erklärt Dante Lauretta, Chefwissenschafter der Mission an der University of Arizona. "Die größte Herausforderung war ein Design, das unter allen Umständen funktionieren würde. Jedenfalls sind wir weit näher beim Märchenschloss als beim Beton."

Weil er sich leichttat, schaufelte der Roboterarm Staub und Geröll in sich hinein. Lauretta geht davon aus, dass der Behälter bis zu zwei Kilo Bodenproben beinhaltet, die jetzt zum Teil ins Vakuum fallen.

Schnellere Bergung soll Probe sichern

Um nicht noch mehr zu verlieren, will die Nasa die Probe deutlich schneller als geplant sicher verstauen. Im Laufe des Dienstag sollte der Versuch unternommen werden, sie sicher in die Sonde zu bringen, teilte die Nasa Dienstagmorgen mit. Ursprünglich sei dieses Manöver erst für 2. November geplant gewesen. "Das Team arbeitet rund um die Uhr, um die Verstauung zu beschleunigen, damit wir so viel von dem Material wie möglich schützen können", sagte Lauretta. "Osiris Rex" soll in rund drei Jahren zurück zur Erde geschickt werden.

Wie schwierig Manöver an Asteroiden und Meteoriten sind, weiß die europäische Raumfahrtagentur ESA. Während die Sonde "Rosetta" einen Kometen umkreiste, setzte ihr Lander "Philae" am 12. November 2014 auf dessen Oberfläche auf - als erstes von Menschen geschaffenes Gerät. Allerdings kam der kühlschrankgroße Roboter auf dem Kometen erst nach mehreren Hüpfern an einer schattigen Stelle abseits des ursprünglich geplanten Landeplatzes zum Stehen. In der Folge bekamen die Sonnensegel von "Philae" nicht genug Energie ab - der Lander fiel aus.