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Emojis machen vielgestaltiger

Von Alexandra Grass

Wissen
"Wiener Zeitung"-Chefredakteur Walter Hämmerle (l.) im Gespräch mit der Philosophin Elisabeth Nemeth (M.) und dem Essayisten Franz Schuh (r.).
© Wolfgang Renner

Die Diskussionsreihe "Digitaler Humanismus" widmete sich dem Einfluss von Technik auf Sprache.


Sprache war der Quantensprung in der Entwicklung des Menschen und ist das wichtigste Medium, wenn es darum geht, einander mitzuteilen. Heutzutage ist immer wieder vom Verfall der Alltagssprache durch den Einzug von Emojis und Anglizismen - vor allem in den Sozialen Medien - zu lesen. Doch die Mischung aus Bild und Schrift birgt auch Wertvolles. Hingegen haben technische Weiterentwicklungen bis hin zur Künstlichen Intelligenz (KI) auch Einfluss auf unser Moralverständnis, wie es Montagabend im Rahmen der "Wiener Zeitung"-Diskussionsreihe "Digitaler Humanismus" in der Wienbibliothek im Rathaus zum Ausdruck kam.

Die Philosophin Elisabeth Nemeth von der Universität Wien, auch Vize-Präsidentin der Österreichischen Ludwig Wittgenstein Gesellschaft - nahm auf ebendiesen bedeutenden Philosophen Bezug. Im Jahr 1938 habe Wittgenstein im Rahmen einer Vorlesung erklärt, dass, wenn er ein guter Zeichner wäre, er eine unzählige Anzahl von Ausdrücken in vier Strichen machen würde. Denn Worte wie aufgeblasen, pompös oder herrschaftlich könnten am besten durch Gesichter ausgedrückt werden. Indem man das tut, würden unsere Beschreibungen vielgestaltiger, als die, die in Adjektiven ausgedrückt werden können, zitierte Nemeth den großen Wissenschafter. Und fügte hinzu: "Seit ich Enkelkinder habe, finde ich Emojis super."

Die Sprachvermischung

Auch der Schriftsteller und Essayist Franz Schuh sieht den Einsatz von Bildern gelassen. "Wenn man die Kinder mit Emojis glücklich macht, ist das ein richtiger Umgang." Doch hat man nichts anderes im Bild als Sachverhalte, die man sonst auch nicht versteht, "ist das schlecht". Diese Hinwendung zur Sprachvermischung sei auch aus soziologischer Sicht von Bedeutung, betonte Nemeth. Sie führe Kulturen zusammen, aber auch Menschen aus Gruppen mit unterschiedlichem Bildungsniveau. Wobei "ich sage nicht, dass man das idealisieren soll, denn ich weiß wie man an der Universität damit kämpft, wenn Studenten keinen geraden Satz schreiben können".

In Bezug auf Künstliche Intelligenz betonte Schuh, es sei ihm "relativ wurscht, ob die Maschine ein Bewusstsein hat", als Literat stelle er sich die Frage, "ob da nicht Dinge verloren gehen". Doch "vielleicht leben wir unendlich, weil die Maschinen ersetzen, was uns sterblich macht."

Doch sieht sich der Literat auch als "verschämter Nutznießer. Es hat mir nichts auf der Welt ein solches wunderbares Leben ermöglicht, wie der Computer", betonte er. Das sei ein unfassbarer Fortschritt für einen Schreiber. Nemeth nannte das Übersetzen als Beispiel für die theoretischen Vorteile der KI.

Die Technik scheint den Menschen nahezu zu überrollen. "Es gibt bestimmte Momente, in denen eine Sache kippt und nie wieder umkehrbar ist. Mit den technischen Entwicklungen ist es zum Teil auch so", erklärte Schuh.

Es gibt Gegenbewegungen

Doch plädierte Elisabeth Nemeth für eine gewisse Gelassenheit. Denn sie erlebe auch Gegenbewegungen. "Es greifen wieder mehr junge Leute zu Büchern. Und das mit witzigen Argumenten, wie etwa, dass ein Buch riecht", so die Philosophin. Und vor allem "müssen wir uns bemühen, dass die Leute, auf welchen Wegen auch immer - ob in gedruckter oder digitalisierter Form - lernen, zu sehen, wie sie unterschiedliche Perspektiven einnehmen können, wie sie überprüfen können, was gemeint ist, und was wie viel gesichert ist".

Die Diskussionsreihe "Digitaler Humanismus - Transformation gestalten" widmet sich der Herausforderung, digitalen Technologien, die unsere Welt fundamental verändert haben, zu begegnen und eine Vorstellung von einem "guten digitalen Leben für alle" zu entwickeln. Die Reihe wird in Kooperation mit der "Wiener Zeitung", der Wienbibliothek im Rathaus und der Universität für angewandte Kunst Wien organisiert.