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Wie gut Wetter-Apps wirklich sind

Von Eva Stanzl

Wissen
Wolken oder Sonnenschein oder eine Mischung? Nicht in allen Fällen lässt sich die Komplexität des Wetters in einem Icon ausdrücken.
© stock.adobe.com / wwwebmeister

Manche sagten für dieses Wochenende 42 Grad voraus, jetzt ist es weniger heiß: Wie Wetterprognosen funktionieren.


Höchstwerte zwischen 42 und 48 Grad Celsius sagten manche Wetter-Apps noch vergangenes Wochenende für dieses voraus. Davon war aber am Freitag keine Rede mehr, in diesen Tagen herrschen für Österreich doch eher normale Sommertemperaturen. Die extreme Prognose hat in sozialen Medien eine Debatte über mangelnde Zuverlässigkeit von Wetter-Apps losgetreten. Doch ist die Software mit kleinen Symbolen für Sonnenschein, Wolken, Blitz oder Regen tatsächlich auf der unberechnbaren Seite? Das ist sie nicht, sagen Experten, aber es gebe gewisse Unzulänglichkeiten.

"Auch ich habe jüngst in verschiedenen Wettermodellen Zehn-Tages-Prognosen mit Werten von 42 Grad Celsius gesehen, die kausal völlig realistisch waren", sagt Manfred Spatzierer, Gründer des privaten Wetterdienstes Ubimet mit Sitz in Wien. Längerfristige Prognosen seien allerdings "filigrane Abfolgen", deren Gesamtbild sich mit jeder neuen meteorologischen Entwicklung verändert. Ein Hoch wehte heiße Sahara-Luft bis nach Spanien, Portugal und Südwestfrankreich. Anders als zunächst angenommen kamen die Wüstenwinde aber nicht weiter nach Osten, weil eine kleine Abweichung dies verhindert habe. "Jetzt soll uns eine hochsommerliche Hitzelage erst nächste Woche erreichen, mit Höchsttemperaturen von 36 bis 37 Grad", stellt Spatzierer in Aussicht.

In der Sahara herrscht im Grunde immer Hochdruck, und der Äquator kann morgens mit Sonne und nachmittags mit Regen rechnen. Das mitteleuropäische Wetter ist hingegen eine rasche Abfolge von Hochs und Tiefs: Wir leben in der dynamischsten Klimazone der Welt. Sind die Wetterprognosen ab vier bis fünf Tagen im Voraus nicht mehr präzise, liegt das also nicht nur an den Wetterfröschen. Sondern auch die Lage und die Geografie unseres Kontinents, die von den Südküsten über die Alpen bis in die Fjorde reicht, spielen eine Rolle.

An sich nutzen Wetter-Apps dieselben Daten wie Wetterdienste. Doch besonders bei Apps ist eine Mischung verschiedener Faktoren ausschlaggebend: Für ihre Zuverlässigkeit müssen die Qualität der Rohdaten, die Aussagekraft der Symbole und die Frage, welche Region die Software in erster Linie bedienen soll, zusammenpassen.

"Prognosemodelle von der Stange"

Doch zunächst ein Abriss der Grundlagen in der Wettervorhersage. Wetterstationen, Satelliten und Flugzeuge messen und melden, welche Temperaturen und Feuchtigkeit es tatsächlich hat. Diese Daten verarbeiten Meteorologen mit ihren Berechnungsmodellen. Der Algorithmus zeichnet schließlich ein Bild vom Ist-Zustand und kalkuliert davon ausgehend künftige Wetterlagen auf der Basis etablierten Wissens darüber, wie sich Atmosphäre und Ozeane zu diesen Wetterlagen verhalten. "Vereinfacht kann man sagen, das Modell ist ein Gitternetz, das die Welt umspannt. Doch je genauer man hinschaut, desto komplexer wird die Angelegenheit. Wir sind bei einer Verlässlichkeit bis 90 Prozent bis Tag zwei. Mittel- und längerfristig kann jeder Regen alles verändern und wenn über Tage hinweg etwas Unerwartetes passiert, bekommen wir immer weiter auseinander streuende Werte", erläutert Martin Kulmer von der Zentralmeteorologischen Anstalt für Geodynamik (ZAMG) in Wien. Riesen-Computer seien nötig, um diese Veränderungen umzurechnen. Immer höhere Rechenleistungen verfeinern die Prognosen. Nicht jeder Hersteller einer Wetter-App sei jedoch im Besitz solcher Rechner, sagt Kulmer.

Meteorologe Spatzierer, dessen Dienst eine eigene Wetter-App entwickelt hat, sieht hingegen ein Problem bei den Rohdaten. "Hinter jeder Wetter-App stehen Prognosemodelle, die Wetterdienste in aller Welt verwenden, sowie ein Rechenzentrum, das sie verteilt. Die Frage dabei ist, welche Qualität die Rohdaten haben", sagt der Meteorologe: "Natürlich gibt es auch Prognosemodelle von der Stange."

Insgesamt würden vier große globale Prognosemodelle für Wetterdienste existieren. "Das weltbeste ist jenes des Europäischen Zentrums für mittelfristige Vorhersagen (ECMWF), das in einem Raster von zehn Kilometern rechnet, jedoch für seine Leistungen hohe Gebühren verrechnet", erklärt Spatzierer. Das Global Forecasting System der US-Behörde für Atmosphären- und Ozeanforschung (NOAA) stelle seine Daten dagegen kostenlos zur Verfügung, diese seien aber weniger hochwertig. Ubimet hier in Österreich würde auf Basis der europäischen Daten zusätzlich sein eigenes lokales Modell in hoher Auflösung betreiben und in der Meteorologie bedeutet das Folgendes: "Alle drei Stunden wirft es neue Ergebnisse in einem Raster von vier Kilometern aus."

Viele Wettergeschehnisse in nur einem Symbol

Es bleibt das Problem, dass nahezu jedes Raster für Bergspitzen, Kämme und Täler zu weitmaschig angelegt ist. "Wir verwenden Downscaling-Modelle, die die Daten herunterrechnen und die dann auch in die Wetter-App fließen", sagt Spatzierer. Die Vorhersage für derart entlegene Gebiete sei immer eine komplexe Rechenleistung.

All dies attestiert den Apps eigentlich doch hohe Präzision. Wie kommt es also, dass Handy-Apps immer wieder mal nichts mit der Realität zu tun haben? Laut den Experten spielen auch die Adressaten eine Rolle. Wenn die App in erster Linie auf Kompetenz in den USA fokussiert, wird sie die Witterung in den Rocky Mountains exakter als die auf dem Großglockner erfassen.

Und dann ist da noch die Übersetzungsarbeit. Die symbolische Sprache Sonne für sonnig, Wolke für bewölkt oder Striche für regnerisch ist zwar eindeutig. "Das Wetter hat jedoch eine räumlich und eine zeitliche Dimension. Für die App müssen wir bezüglich des Wettersymbols etwas vereinfachen, ohne dass eine Information auf der Strecke bleibt", sagt Spatzierer: "Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, so viele Geschehnisse in ein Symbol zu packen. Außer bei wirklich langweiligem Wetter."