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Mondrakete startet in die Raumfahrt-Zukunft

Von Eva Stanzl

Wissen

Mit dem Artemis-Programm beginnt eine neue Ära der bemannten Raumfahrt, die die Besiedelung des Alls zum Ziel hat.


Es ist geglückt. Die neue Mondrakete der Nasa ist ins All gestartet. Am 16. November hob eine unbemannte Astronautenkapsel namens Orion mit der Schwerlastrakete Space Launch System um 7.47 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (1.47 Uhr Ortszeit) vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida ab.

Die Mission stand lange unter keinem guten Stern: Nach Verzögerungen und Kostenexplosionen musste der erste Teststart zahlreiche Male verschoben werden, unter anderem wegen zweier Stürme und technischer Probleme.

Bei dem Flug, der als Artemis I bezeichnet wird, soll getestet werden, ob die Rakete und die Kapsel in der Lage sind, Menschen sicher zu transportieren und zugleich wissenschaftliche Experimente zu befördern und durchzuführen.

Mit dem Artemis-Programm plant die Nasa die Zukunft der bemannten Raumfahrt im großen Stil. "Wir steigen gemeinsam auf, zurück zum Mond und darüber hinaus", sagte Nasa-Sprecher Derrol Nail, der den Start live kommentierte, als die mächtige Rakete unter dem Getöse ihrer Triebwerke über Cape Canaveral in den Nachthimmel raste. Artemis I ist die erste Etappe des ambitionierten Programms. Artemis II soll mit einer vierköpfigen Crew an Bord den Mond umrunden. Mit Artemis III sollen schließlich wieder Menschen auf dem Mond landen, unter ihnen die erste Frau. Die Mission ist nach der Zwillingsschwester des griechischen Gottes des Lichts, der Weissagung und Künste benannt. Artemis, selbst Göttin der Fruchtbarkeit, steht in der Raumfahrt für die moderne Version des Apollo-Programms, das von 1969 bis 1972 US-Astronauten auf den Mond brachte.

Am Mittwoch kreiste die Raumkapsel Orion für zwei Stunden um die Erde, bevor sie auf einen geplanten Kurs, der sie zum Mond und zurück zur Erde führen soll, gebracht wurde. Angetrieben wird das Raumschiff vom Europäischen Servicemodul ESM, das auch Strom, Wasser und Luft liefert und es auf der richtigen Temperatur hält. Am 11. Dezember soll Orion zur Erde zurückkehren. Die Antriebs- und Versorgungseinheit soll bei der Rückkehr vom Besatzungsmodul abgetrennt werden und in der Atmosphäre verglühen.

Von Hefen und Menschen

Wenige Stunden nach dem Start setzte das Raumschiff zehn kleine Würfelsatelliten (englisch: Cubesats) ins All frei. Einer soll das Eis, eine gefrorene Aufzeichnung der Geschichte des Sonnensystems, auf der Mondoberfläche kartieren. Das Eis in den Kratern der Polarregionen könnte wertvolle Ressourcen für eine Mondbesiedelung enthalten. Ein zweiter Cubesat ist auf der Suche nach Wasser in Form von Wasserstoff. Er soll die bisher höchstauflösende Karte von Neutronen erstellen, die anzeigen, wo Wasserstoff liegt.

Ein dritter Würfelsatellit stammt aus Japan. Er soll auf die Mondoberfläche zufliegen und aus einigen hundert Metern Höhe eine winzige, mit einem Airbag ausgestattete Sonde absetzen. Die Sonde soll im freien Fall auf der Oberfläche aufschlagen, die Strahlungsumgebung messen und diese Werte zur Erde funken. Mit nur 700 Gramm werde sie die jemals kleinste Mondlandefähre sein, sagte kürzlich Tatsuaki Hashimoto, Projektleiter bei der Japan Aerospace Exploration Agency, im Fachjournal "Nature".

Ein weiterer Klein-Satellit wird statt dem Mond einen Asteroiden ansteuern. Ähnlich wie ein Boot mit dem Wind segelt, soll er ein Sonnensegel entfalten und durch den Weltraum zu dem Asteroiden 2020 GE navigieren, an ihm vorbeifliegen, ihn fotografieren und untersuchen, woraus er besteht. Auch er soll seine komprimierten Daten vom All zur Erde schicken.

Andere Experimente bleiben an Bord der Orion. Vom Orbit messen sie die Auswirkungen von Strahlung auf lebende Organismen und das Pflanzen- und Zellwachstum in der Schwerelosigkeit des Alls, und zwar an Hefen in Inkubatoren. "Da der Mensch 70 Prozent seiner DNA mit der Hefe teilt, lassen sich daraus Erkenntnisse zu den Überlebenschancen für Menschen im All gewinnen", sagt der aus Österreich gebürtige Astronom Tobias Niederwieser, der an der University of Colorado in Boulder an diesen Experimenten mitwirkt.

"Astronautinnen-Phantome"

Mit an Bord sind außerdem zwei Puppen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt gab den "Astronautinnen-Phantomen" die Namen Zohar und Helga. Beide sind mit Strahlungsdetektoren ausgestattet, doch nur eine trägt eine Strahlenschutzweste. Getestet wird, ob die spezielle Schutzweste besonders einen weiblichen Körper effektiv vor gefährlicher Weltraumstrahlung schützen kann.

Ziel von Artemis I ist es vor allem, die neuen Systeme im Zusammenspiel, die Manövrierfähigkeit im Mondorbit und den Hitzeschild beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zu testen. Der erste bemannte Start ist frühestens 2025 geplant. Mit der Nasa seien im Rahmen von Artemis drei Flüge für ESA-Astronauten vereinbart, sagt Generaldirektor Josef Aschbacher: "Eventuell können wir auch einen Astronauten auf den Mond selbst bringen." Später sollen auf dem Erdtrabanten und in dessen Umlaufbahn Außenposten entstehen, auch als Basis für eine mögliche Mars-Mission.

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