Alleine in Europa zählt man rund 324.000 durch Schadstoffe erheblich kontaminierte Bereiche. Erdreich und Grundwasser an Raffinerie-, Tankstellen-, Kraftwerks- oder Industriestandorten sind besonders in Mitleidenschaft gezogen. Im Rahmen eines EU-Projekts namens "MIBIREM" unter österreichischer Leitung sucht ein Forscherteam nun nach einem geeigneten Mikroorganismen-Potpourri, um diesen Böden wieder Leben einzuhauchen. Mikroben ist es möglich, Schadstoffe abzubauen, um eine Sanierung voranzutreiben und Böden sowie Grundwasser wieder nutzbar zu machen.

Kontaminationen stellen für Mensch und Umwelt ein erhebliches Risiko dar. Herkömmliche Sanierungsverfahren sind teuer und oft ineffizient. Daher haben sich die Wissenschafter um Thomas Reichenauer von der "Competence Uni Bioressourcen" des Austrian Institute of Technology (AIT) auf die Suche nach Kleinstlebewesen begeben, die als Sanierungsprofis zum Einsatz kommen können. Bei der biotechnologischen Sanierung werden lebende Organismen, vor allem Mikroben und Bakterien eingesetzt, um Schadstoffe aus der Umwelt zu entfernen.

Bei kleineren Standorte kann man das Erdreich abgraben und in der Folge deponieren, verbrennen oder einer Spezialbehandlung zufügen, erklärt der Forscher. Ist die Kontamination allerdings großflächiger oder tieferliegend, ist diese Vorgehensweise nur selten möglich, weil sehr teuer. Will man Böden sanieren, die überbaut sind, fällt diese Option ebenso weg.

Natürliche Abbauprozesse

Ein Problem bei der Boden- und Grundwassersanierung ist zusätzlich, dass es sehr viele verschiedene Schadstoffe und Schadstoffmischungen gibt, für die es jeweils andere Herangehensweisen braucht. Forscher gehen davon aus, dass die vielen verschiedenen Mikroorganismen in den Böden und im Wasser für viele davon Lösungen bereithalten. An kontaminierten Standorten werden nämlich über längere Zeit laufende "natürliche" Abbauprozesse beobachtet. Manche dieser Gemeinschaften können in Zusammenarbeit verschiedenste toxische Stoffe für sich nutzen und in weniger schädliche Komponenten umwandeln.

Das macht man sich zunutze, indem Mikroben in Böden und Grundwasser eingebracht werden, die sich dann an den Schadstoffen laben, erklärt Reichenauer. Das funktioniere bereits für Mineralöl-Kohlenwasserstoffe oder chlorierte Kohlenwasserstoffe. Im Fall dieser Verbindungen "bleiben an Ende dann im besten Fall CO2 und Wasser übrig".

Zuerst bietet man den in den Boden verfrachteten Bakterien ihr präferiertes Futter an, um sie zur Vermehrung anzuregen. Sind diese Stoffe dann aufgebraucht, geht ihnen die Nahrung aus und sie müssen sich an die quasi schlechteren Nahrungsmittel heranwagen. "Salopp gesagt, ist man grundsätzlich der Meinung, dass sich Bakterien an jede Substanz anpassen können. Sogar Plastik wird abgebaut, die Frage ist aber immer, wie rasch das geht", so der Wissenschafter.

Mikroorganismen im Verbund

Für toxische Cyanid-Verbindungen, die etwa an ehemaligen Gaswerkstandorten häufig vorkommen und oft mit anderen Kontaminationen einhergehen, und verschiedene Abkömmlinge von Hexachlorcyclohexan gibt es diese Möglichkeiten jedoch noch nicht. Im Rahmen des "MIBIREM"-Projekts will man das ändern. Neu ist hier der Ansatz, eine Vielzahl an Mikroorganismen im Verbund, also ein Mikrobiom einzusetzen.

Nach solche Gemeinschaften suchen die Forscher jetzt an bekannten, kontaminierten Standorten. Dann gilt es, diese zu konservieren und zu kultivieren, um in der Folge Pilotversuche "mit den besten Mikrobiomen, die wir finden", im Feld zu starten.