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Das Messsystem als Baukasten

Von Alexandra Grass

Wissen

Umweltdaten wie Temperatur, Luftqualität oder Lichtintensität werden über Sensormodule erfasst und zentral verwaltet.


Der Kohlendioxid-Gehalt im Klassenzimmer steigt - die Fenster öffnen sich. Die Sonne prallt ins Bürozimmer - die Jalousien verdunkeln den Raum. Propangas macht sich in der Produktionsstätte breit - ein Alarm wird ausgelöst. Das ist die Vorstellung dreier Schüler der HTL Rennweg, die im Rahmen ihrer Diplomarbeit ein Mess-System namens ModuStat entwickelt haben, das mittels miteinander kommunizierender Sensormodule Umweltdaten aufnimmt, sie verwaltet und speziell auf verschiedenste Anforderungsgebiete - von Büro über Haushalt bis hin zur Fabriksanlage - praktisch zugeschnitten werden kann. Freilich, die Übertragung auf externe Aktoren wie Heizung, Fenster oder Jalousien ist erst der nächste Schritt. Doch der Startschuss ist vollbracht.

Bis dato ist für jeden erwünschten Parameter ein eigenes Messgerät nötig. Das Thermometer an der Wand, der Kohlenmonoxid-Messer in der hintersten Nische, der Bewegungsmelder in der Steckdose. "Das nimmt viel Platz ein, man muss vor Ort ablesen und einzeln auswerten", schildert Projektleiter Kristof Katzenberger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Will man verschiedene Daten großflächig auswerten und aufzeichnen, ist das sehr aufwendig." Stattdessen könnten in Zukunft etwa handflächengroße Module zum Einsatz kommen, die wie Bausteine zu Türmchen gestapelt werden können. Die Einzelteile dieser Türmchen kommunizieren miteinander, sie kommunizieren mit anderen Türmchen und sie kommunizieren mit der Basis-Einheit - der Zentrale.

Dem zugrunde liegt die sogenannte Mesh-Netzwerktechnologie. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk, in dem Geräte - auch Knoten genannt - untereinander verbunden sind. Anders als bei einem WLAN-System, das einen Router als Basisansteuerung hat, sind die Knotenpunkte bei der Mesh-Technologie eng vermascht. Zwischen den Knotenpunkten - in unserem Fall den Türmchen- herrscht permanente Kommunikation, um einen möglichst effizienten Datenaustausch sowohl zwischen den Einzelteilen als auch hin zur Zentrale zu gewährleisten. Jedes Teil ist damit sowohl Empfänger als auch Sender.

Heim, Büro, Produktionsstätte

"Wir haben ein zylindrisches System geschaffen, das sich völlig individuell zusammenstellen lässt, je nachdem, welche Messwerte man benötigt", so Katzenberger. Der unterste Teil im Türmchen ist der Versorgungsmodul (grün), das die Stromversorgung mit Netzanschluss oder mittels Akku garantiert. Auf das Versorgungsschiff wird ein Prozessormodul (gelb) gesteckt. In diesem ist ein Mikrocontroller eingebaut, der die Messwerte einliest und über Funk an die Zentrale überträgt. Die Sensormodule wiederum können je nach Bedarf draufgesetzt werden. Mittels Click-System lassen sie sich nahezu wie Holzbausteine spielend leicht stapeln und auch wieder zerlegen.

Die Gehäuse und der Korpus der Zentrale kommen aus dem 3 D-Drucker. Da alles verschraubt statt vernietet ist, ist alles austauschbar - und auch recycelbar, denn "der Kunststoff wird nicht aus Erdöl gewonnen, sondern aus Maisstärke", erklärt der stellvertretende Projektleiter Lukas Löschl. Die Module beinhalten die nötigen Platinen und Sensoreinheiten, um die Messungen und die Datenübertragung zu gewährleisten. Auf einem Display mit Touch-Screen sind die Details abzulesen und können überallhin übertragen werden - etwa auch auf das Smartphone.

Die aktuelle Grundkonfiguration ist für Anwendungen im Heimgebrauch gedacht, erklärt Katzenberger. Das Alarmmodul ist in der Lage, Bewegungen im Raum zu erfassen und zu alarmieren. Das Geräuschmodul misst die Lautstärke im Raum. Das Luftqualitätsmodul misst verschiedene, relevante Daten wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und CO2-Wert. Ein weiteres Modul misst die Erdfeuchte eines Blumentopfs und alarmiert, wenn ein kritischer Wert unterschritten ist. Das LED-Ringmodul ist eine elegante und funktionale Umgebungsbeleuchtung. Doch es stehe nichts im Weg, das System für spezifische Anwendungen etwa auch in Produktionsstätten, Lagerhallen oder Ähnlichem zu erweitern. So ließen sich etwa auch Füllstände von Containern automatisiert überwachen.

Teilnahme an Wettbewerben

"Dadurch, dass es sein eigenes Netzwerk bildet, kann es auch an Orten eingesetzt werden, wo es gar kein WLAN gibt", betont Projektmitarbeiter Florian Wehse. Zwar läuft es grundsätzlich über die gleiche Frequenz - nämlich 2,4 Gigahertz -, doch ohne dass ein WLAN-Router dazwischen stehen muss. "Man könnte das Ding auch in ein Vogelhaus im Garten stellen", scherzt der Diplomand. Nur die Zentrale kann sich zusätzlich ins WLAN einklinken und die Daten in die Ferne übertragen.

Das Mechatroniker-Team hat bereits einen ersten Erfolg mit seiner Entwicklung einfahren können. So erreichte es beim Innovation Day an der HTL Rennweg, bei dem alle Diplomarbeitsprojekte mehr als 70 Unternehmen präsentiert wurden, den zweiten Platz. Nächster Schritt ist die Teilnahme an Wettbewerben, um der ausgefeilten Technologie Präsenz zu verleihen. Eingereicht ist die Arbeit etwa schon bei Jugend Innovativ und beim Bosch Innovationspreis. Einem eigenen Startup steht wohl kaum noch etwas im Wege.