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Energie intelligent nutzen

Von Heiner Boberski

Wissen

Dank Smart Grids soll Stromversorgung stabiler und kostengünstiger werden.


Wien. Wie lassen sich in Zukunft Stromerzeugung, - speicherung und -verbrauch möglichst gut vernetzen? Vor dieser herausfordernden Frage steht die Energiewirtschaft. Denn herkömmliche Ressourcen werden knapper, während die Stromerzeugung zunehmend dezentral und aus erneuerbaren Quellen (wie etwa Photovoltaik, Windkraft) erfolgt. Die - und das ist ihr Nachteil - liefern leider unregelmäßig ihre Energie, meist nicht dann, wenn am meisten gebraucht wird.

Zu dieser Thematik einer optimierten Stromeinspeisung und -verteilung wird unter dem Begriff Smart Grids, was so viel wie intelligente Netze bedeutet, seit mehr als zehn Jahren am Austrian Institute of Technology (AIT) geforscht. Am Mittwoch wurde dafür das "SmartEST"-Labor des AIT eröffnet, es hat acht Millionen Euro gekostet.

Brigitte Bach, Leiterin des AIT-Energie-Departments, sprach von einem "Meilenstein", sowohl in der Geschichte des AIT als auch in der österreichischen Energieforschung, denn das neue Labor in der Giefinggasse in Wien-Floridsdorf sei in seiner Art einzigartig in Europa. Im Labor können für einzelne Netzabschnitte unterschiedliche Szenarien realitätsnahe getestet und mehrere Komponenten gleichzeitig simuliert werden, zum Beispiel eine Photovoltaik-Anlage, ein elektrischer Speicher und eine Ladestation für Kraftfahrzeuge. Vorrangiges Ziel sei es, so Brigitte Bach, "die Energieinfrastruktur für die künftigen Herausforderungen zu rüsten".

"Es steht ein Totalumbau der Energiewirtschaft bevor", erklärte Michael Strebl, Geschäftsführer der Salzburg Netz GmbH., und verwies auf zwei "Leuchtturmprojekte" in seinem Bereich, in Köstendorf und in der Stadt Salzburg. Mit intelligenten Netzen können bei diesen Projekten insgesamt drei bis fünf Prozent an Strom eingespart werden, in Spitzenzeiten sei die Reduktion noch größer. Eine "Smartifizierung" der Stromnetze sieht Strebl vor allem dort rasch kommen, wo Probleme mit der Stromversorgung auftreten, so wurde etwa das Große Walsertal in Vorarlberg zu einer Modellregion für Smart Grids, ähnlich ist es im Salzburger Lungau.

Wolfgang Hesoun, Chef von Siemens-Österreich - wie Salzburg Netz Partner des AIT - sieht in Wien die Seestadt Aspern als mögliches Anwendungsgebiet für Smart Grids. In etwa zwanzig Jahren werden 70 Prozent der Weltbevölkerung in Ballungsräumen leben, das sei eine echte Herausforderung für die Energieversorgungssysteme.

Laut Plan soll Salzburg Ende des Jahrzehnts als erste heimische Region und eventuell sogar der EU flächendeckend auf digitalen Stromnetz-Betrieb umgerüstet sein. Das sieht den Tausch von bis zu einer halben Million Zählern vor. Für ganz Österreich käme die Ausstattung mit beinahe sechs Millionen Smart-Meter-Geräten auf bis zu 1,5 Milliarden Euro, je nachdem, was die Zähler im Detail alles können. Gegen allzu intelligente Smart Meters äußerten am Mittwoch die Mitglieder des heimischen Datenschutzrates Bedenken, die Privatsphäre der Endverbraucher müsse ausreichend geschützt sein.