Wien. Bizarres Terrain, tiefe Krater und Eiszapfen-Strukturen, für die es kein Pendant auf der Erde gibt: Der Komet Tschurjumow-Gerasimenko sieht ziemlich anders aus als erwartet. Er ist nämlich kein rundlicher Himmelskörper, sondern hat in etwa die Form einer Badeente. In zwei Monaten, am 11. November, soll das Landegerät der europäischen Raumsonde "Rosetta" auf "Tschury" aufsetzen, um ihn zu erkunden und neue Erkenntnisse über die Anfänge des Lebens auf Erden zu gewinnen. Die Landung wird schwieriger als angenommen. Am Sonntag wollen Experten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA die bestmöglichen Landeplätze auswählen.

Wo grüne Punkte sind, könnte der Lander aufsetzen. - © DLR/Osiris
Wo grüne Punkte sind, könnte der Lander aufsetzen. - © DLR/Osiris

Nach zehn Jahren der Reise befindet sich Rosetta in einer Umlaufbahn von "Tschury". Sie fliegt derzeit in dreieckigen Pyramidal-Orbits, damit sie, falls etwas passiert, nicht auf Tschury aufprallt und zerschellt, sondern wegfliegt. Bis zum Stichtag soll die Sonde ihre Geschwindigkeit an jene des Kometen angleichen und schließlich für das Landemanöver auf einen Orbit von fünf Kilometer Entfernung einschwenken. Dabei schubst Rosetta ihren Lander Philae nach hinten, damit er nach unten fällt und auf den Füßen landet. Sobald das Kühlschrank-große Gerät den Boden berührt, schießt es Harpunen aus seinem Inneren, um sich zu verankern. Denn die Gravitation ist gering: 100 Kilo Masse haben auf Tschury das Gewicht eines Gramms, nur ein leichtes Abprallen würden Philae somit wieder abheben lassen. So hält er sich fest - sofern der Boden nicht weich wie Asche ist.

"Als wir die Mission starteten, hatten wir keine Ahnung, wie die Oberflächenstrukturen des Kometen aussehen", erklärt Stephan Ulamec, Projektleiter des Landers am DLR, der diese Woche bei einer "Am Puls"-Veranstaltung des Wissenschaftsfonds und der Agentur PR&D, die sich auf Forschung spezialisiert, in Wien einen Vortrag hielt: "Wir gehen aber davon aus, dass loser Staub durch den Aufprall zusammengepresst würde und Philae nicht einsinkt."

Auch sonst ist es nicht leicht, auf einer Ente zu landen. Die Forscher müssen eine schräge Achsenlage, starke Gezeiten, ungewöhnliche Verhältnisse von Licht und Schatten und nicht zuletzt die Bahndynamik berücksichtigen: Nicht überall kann man gleich gut landen, weil ja die Ente bizarr rotiert. Außerdem muss Rosetta in Sichtlinie sein, damit sie Philaes Daten aufnehmen kann.

Ulamec zeigte eine Karte, auf der die bestmöglichen Landegebiete mit grünen Punkten versehen sind (siehe Foto): "Diese Orte haben mehr Sonne als Schatten und einen klaren Tag-Nacht-Zyklus, was sie wissenschaftlich interessant macht. Rot ist dagegen der Sommerpol, der ständig Sonne hat, was schlecht ist aus thermischen Gründen. Blau und Gelb haben wiederum zu wenig Sonnenstunden", erklärte der Wissenschafter. Am Wochenende wollen er und seine Kollegen zwei von fünf Orten auswählen, die sie dann ganz genau untersuchen wollen, um den idealen Landeplatz zu bestimmen.

Danach will man vom Kontrollzentrum in Köln aus Ort und Uhrzeit des Abstoßes in Rosettas Bordcomputer einprogrammieren.