Zum Hauptinhalt springen

Schnee marsch

Von Alexandra Grass

Wissen

Energieschonendes Pilotprojekt der künstlichen Beschneiung in den Ötztaler Alpen.


Wien. Die Schneesicherheit auf Österreichs Skipisten lässt Jahr für Jahr mehr zu wünschen übrig. Und so wird schon im Spätherbst begonnen, den Tourismusgebieten nach und nach das gewünschte Weiß zu verpassen, um die Skisaison vorzubereiten. Dafür stehen österreichweit mehr als 20.000 Schneekanonen im Einsatz.

Doch die bestehenden Technologien, um Frau Holle unter die Arme zu greifen, sind durch einen hohen Energie- und Wasserverbrauch gekennzeichnet, was wiederum Klimaschützer auf den Plan ruft. Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) werden bei der künstlichen Beschneiung pro Hektar jährlich rund eine Million Liter Wasser verbraucht. Dazu kommen etwa 260.000 Megawatt Strom. Darüber hinaus müssen Leitungen verlegt oder Speicherseen errichtet werden.

Nachteile für Flora und Fauna

Auch die Konsistenz dieses Kunstschnees führt zu ökologischen Nachteilen für Flora und Fauna. So besitzen die "Schneekörner" eine höhere Dichte und durch die stärkere Vereisung leidet die darunter liegende Vegetation an Sauerstoffmangel.

Im Ötztaler Skigebiet Obergurgl-Hochgurgl gehen die Verantwortlichen nun andere Wege und testen ab 13. November eine neue Art der Beschneiung. In Form einer riesigen Wolke wird der sogenannte "Dendrite Generator" auf energiefreundliche Art und Weise naturidenter Kunstschnee erzeugen.

Bei dem Generator handelt es sich um einen Testballon von etwa dreieinhalb Metern Durchmesser, der von einem auf Stelzen stehenden Schutzmantel umgeben ist, beschreibt Werner Hanselitsch, Marketingleiter von den Liftgesellschaften Obergurgl-Hochgurgl, den bei der Mittelstation der Hohe-Mut-Bahn stehenden Prototyp.

Die Erfindung entspringt einer Zusammenarbeit von Wissenschaftern der Technischen Universität Wien und der Universität für Bodenkultur Wien. Miterfinder Michael Bacher, auch wissenschaftlicher Leiter des Pilotprojekts, spricht von einer "Wolkenkammer". Denn die Technologie besteht aus einem Behälter, in dem Bedingungen simuliert werden, wie sie auch in der Atmosphäre beziehungsweise in Wolken vorkommen. Kalte und feuchte Luft werden im Behälter vermischt. Die entstehenden Eiskristalle wachsen durch die ständige Zufuhr von Feuchtigkeit und werden dabei in Schwebe gehalten. Auf diese Weise können Schneekristalle und -flocken unterschiedlichster Art entstehen. Am oberen Ende des Behälters werden die fast naturidenten Schneeflocken ausgeblasen und damit in der Umgebung verteilt.

Achtfache Menge

Laut Bacher ließen sich mit einem Kubikmeter Wasser etwa 15 Kubikmeter Schnee produzieren, was dem Achtfachen einer konventionellen Schneekanone entspricht.

Derzeit ist noch nicht daran gedacht, die Ötztaler Piste mit dem neuen Generator zu beschneien. Doch sollte der "frisch aus dem Labor" stammende Generator auf dem Testbereich die prognostizierte Effizienz bringen, "sind wir gerne bereit das umzusetzen", erklärt Hanselitsch. Damit bestünde nicht nur die Möglichkeit, nachhaltig und ressourcenschonend Schnee zu produzieren, sondern aufgrund des laut Experten naturidenten Ergebnisses auch den Fahrspaß zu erhöhen, betont der Marketingleiter.

Für viele Regionen in Österreich sind skifahrende Wintertouristen die Einkommensgrundlage. Um im Wettbewerb erfolgreich sein zu können, gilt eine Schneegarantie als Voraussetzung. Sollte sich die neue Technik im alltäglichen Gebrauch in den Ötztaler Bergen unter Beweis stellen, könnten vielleicht bald mehr Skigebiete hierzulande mit der klimafreundlicheren Form der Kunstschneegewinnung ausgestattet werden.