Wien. Welche Qualifikationen benötigen Erdflüchtlinge eigentlich für eine Asylbewilligung auf dem Mars? Müssen sie Marsianisch sprechen? Über solche Details haben sich die Gründer von Mars One eventuell noch keine Gedanken gemacht. Zuerst brauchen sie nämlich Raumschiffe. Und dann müssen die Bagger kommen und aus der eisigen, staubigen Wüste blühende Landschaften machen.
Marsreisen und andere Flüge von Planet zu Planet: Trotz enormer Kosten und Wirtschaftskrise haben Pläne für die bemannte Raumfahrt Hochkonjunktur. Der niederländische Unternehmer Bas Lansdorp, Gründer der Privatstiftung Mars One, will noch in dieser Jahrhunderthälfte einen Außenposten auf unserem Nachbarplaneten "als Sprungbrett für die Reise in das gesamte Universum" errichten. "Wir können alles erreichen", heißt es auf der Stiftungshomepage. In einem Untermenü sind Spenden erbeten.
Lansdorp, der sein Vermögen mit Windenergie gemacht hat, vermarktet sein Projekt als gigantisches Medienereignis. Gehen seine Pläne auf, wird "der nächste riesige Schritt für die Menschheit", wie er es nennt, auch zu einer Reality-Show der makaberen Art. Da die Technologie für den Heimflug noch nicht existiert und die Errichtung einer Mars-Siedlung billiger ist, wird auf die Rückkehr der Kolonisten verzichtet. Mehr als 200.000 Weltraumbegeisterte hätten sich dennoch beworben, um auf dem Roten Planeten eine neue Welt zu gründen. Die ersten 24 Auserwählten will Mars One demnächst bekanntgegeben.
Die Kosten bis zur ersten bemannten Landung berechnet die Stiftung mit 4,5 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Das Apollo-Programm der Nasa zum Mond von 1961 bis 1972 kostete 25 Milliarden Dollar, was einem heutigen Wert von 120 Milliarden Dollar entspricht. Für die Besiedelung unseres lebensfeindlichen Nachbarplaneten würden allerdings 80 bis 100 Milliarden Euro benötigt.
Bewerber ohne Höhenangst
Viele Experten halten Lansdorps Projekt für unfinanzierbar oder nicht machbar. Der österreichische Astronaut Franz Viehböck, der für das sowjetisch-österreichischen Weltraumprojekt Austromir 91 in der Raumstation Mir tätig war, hat sich jedenfalls nicht beworben. "Astronauten und Kosmonauten nehmen zwar ein großes Risiko auf sich, aber sie sind keine Selbstmörder", sagte er in einem Interview mit der "Wiener Zeitung". Er misstraut zudem den Kalkulationen. "Das kann sich kein Land leisten, und jetzt will man das auf privater Basis finanzieren. Da habe ich schon starke Zweifel." Viehböck hält Mars One "eher für einen PR-Gag".