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Aus Gas wird Stein

Von Eva Stanzl

Wissen
Zerklüfteter Basalt: In den Strukturen wird flüssiges so hart wie ein Fels.
© Annette K. Mortensen.

Klimaforscher wollen das Treibhausgas Kohlendioxid in Basalt unterbringen, worin es rasch versteinert.


Wien. Es ist eine Gretchenfrage der Klimaforscher: Wohin denn nur mit all dem Kohlendioxid, das bei der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas in die Atmosphäre verpufft - wohin? Internationale Forscher wollen nun einen effizienten Weg gefunden haben, um die Umweltgifte loszuwerden: Sie wollen das CO2 versteinern.

Die Wissenschafter berichten im Fachblatt "Science" über eine Methode, mit der sie das Treibhausgas in vulkanisches Gestein pressen, sodass es nie wieder entwischen kann. Das Geheimnis ist Basalt: In seinem Umfeld wird aus CO2 ein Mineralgestein, das der Umwelt nicht schadet, erklärt das Team um den Geoingenieur Jürg Matter von der University of Southhampton in Südengland. Laut dem Klimaabkommen von Paris vom vergangenen Dezember muss die Menschheit die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen und ab 2050 "Treibhausgasneutralität" erreichen. Diese Balance zwischen emittierten Klimagasen und deren Verringerung ist nur durch den Verzicht auf fossile Energien zu bewerkstelligen. Der Umstieg auf nachhaltige Rohstoffe erfolgt allerdings nicht im Handumdrehen. Derzeit werden daher mehrere Ansätze verfolgt, um die Emissionen zu senken.

Es dauert nur zwei Jahre

Eine Methode ist das Auffangen und die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid ("Carbon Dioxide Capture and Storage", oder CCS). Dabei wird das Kohlendioxid schon im Kraftwerk von der Kohle getrennt und verflüssigt. Danach wird es - ähnlich wie beim Fracking - mit hohem Druck in tief unter der Erde liegende Gesteinshohlräume, die aus Ölbohrungen oder verbrauchten Gasreserven übrig sind, gepresst. Experten warnen jedoch, dass das im Boden gespeicherte Gas entweichen oder das Grundwasser versauern kann.

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschafter, wie sie dem CO2 die Fähigkeit nehmen könnten, Schaden anzurichten. Ihnen erschien ein Bann durch Versteinerung nicht märchenhaft, sondern die einzig realistische Möglichkeit. Bisher waren Experten allerdings davon ausgegangen, dass dieser Prozess, so wie in der Natur, hunderttausende Jahre dauert und daher absolut nicht praktikabel sei. Doch das Team, zu dem auch Forscher der Columbia University, der Universität Toulouse, der Island Universität und des Energieversorgers Orkuveita Reykjavíkur zählen, konnte den Prozess radikal abkürzen. Sie imitieren den natürlichen Verwitterungsprozess: Löst man Kohlendioxid in Wasser auf und presst die Lösung in Basaltgestein, wird das Klimagas innerhalb von nur zwei Jahren zu Stein.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass 95 bis 98 Prozent des flüssigen Kohlendioxids, das wir in die Hohlräume von Vulkangestein einbrachten, innerhalb von zwei Jahren mineralisiert waren. Das ist unglaublich schnell", betont Matter in einer Aussendung seiner Universität.

Das Testgelände liegt auf der vulkanischen Insel Island, die zu bis zu 90 Prozent aus Basaltgestein besteht. Vulkan-Basalt ist reich an Elementen wie Kalzium, Magnesium oder Eisen - eine Grundvoraussetzung für die Mineralisation von Kohlenstoff. Die Forscher nutzten die Schächte von Geothermie-Kraftwerken etwa 25 Kilometer von der Hauptstadt Rejkjavik entfernt. Sie lösten Kohlendioxid in Wasser, leiteten es in die Schächte und pumpten es in Tiefen von 400 bis 800 Meter hinab.

Erkaltete Lava hat Temperaturen von 20 bis 33 Grad und bildet strukturelle Spalten und Klüfte. In diesen Klüften vollzog sich eine geochemische Reaktion, bei der die Natur wie Zauberstab und Simsalabim im Märchen funktionierte: Aus dem Kohlendioxid wurde Karbonat-Gestein, das die Zwischenräume in den Basalt-Schächten füllt. Zwei Jahre nach Beginn des Experiments stellten die Forscher bei Untersuchungen des Untergrunds fest, dass 95 Prozent des eingeleiteten Kohlendioxids versteinert waren.

"Der hochreaktive Basalt ist eine der häufigsten Gesteinsarten. Er bedeckt zehn Prozent der Erdoberfläche und den Großteil des Meeresbodens", so die Forscher. Als Nächstes wollen sie Zehntausende Tonnen CO2 im Basalt unterbringen, der eine zuverlässige Lagerstätte zu sein scheint.