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Und sie melden sich doch. Oder?

Von Eva Stanzl

Wissen
Das russische Radioteleskop Ratan-600 fing im Kaukasus ungewöhnliche Signale auf.
© imago/russian look

Rätselhaftes Radiosignal von sonnenähnlichem Stern erregt Aufsehen.


Wien. Die Nachricht ließ aufhorchen. Immerhin würde es die Suche nach Leben im All bedeutend erleichtern, würde sich E.T. von selbst melden: "Rätsel um mysteriöses Signal aus dem All", hieß es diese Woche im Internet und in sozialen Medien: "Beweis für außerirdisches Leben?"

Der Hintergrund ist eine E-Mail, die Forscher des russischen Radioteleskops Ratan-600 an das amerikanische Seti-Institut, das nach extraterrestrischem Leben sucht, geschickt hatten. Im Attachment befand sich eine Power-Point-Präsentation zu einem außergewöhnlichen Signal aus der Richtung des sonnenähnlichen Sterns HD-164595. Autor ist der italienische Astronom Claudio Maccone, der mit dem russischen Team zusammenarbeitet. Die Daten wurden am 15. Mai 2015 aufgezeichnet.

HD-164595 ist 94 Lichtjahre von der Erde entfernt und mit einem Alter von 4,5 Milliarden Jahren nur etwas jünger als die Sonne. Der Stern ist marginal leichter und hat eine ähnliche Temperatur und molekulare Zusammensetzung wie unser Heimatgestirn. Er wird von mindestens einem Planeten und möglicherweise sogar von einem ganzen Planetensystem umkreist.

Enorme Energiemengen nötig

Die Astronomen registrierten einen Ausschlag in dem Rauschen, das das Radioteleskop aus dem All einfängt. Zwei Sekunden lang hatten die Radiowellen eine Frequenz von elf Gigahertz und eine Wellenlänge von 2,7 Zentimetern. Damit entspricht diese ultra-hohe Frequenz jener eines Fernsehsatelliten. Ratan-600 scannt seit 1974 vom nördlichen Kaukasus aus den Himmel ab. Seine kreisförmig angeordneten Platten reflektieren Signale ins Innere des Teleskops.

"Niemand nimmt an, dass eine außerirdische Zivilisation diese Signale zur Erde geschickt hat. Aber sie sind Anregung genug, sich diesen Stern laufend anzuschauen", betont der Wissenschaftsautor Paul Gilster, dem die E-Mail zugespielt wurde, in seinem Blog, "Centauri Dreams".

Unter Experten werden allerdings Zweifel laut, dass tatsächlich intelligentes außerirdisches Leben einen kosmischen Nachrichtenaustausch mit uns beginnen will. Denn das Seti (Search for Extraterrestrial Intelligence) in Mountain View, Kalifornien, hat nach eigenen Aussagen die Daten bereits Sonntagnacht mit dem Allan Telescope Array überprüft, konnte sie jedoch nicht bestätigen. Sollte es tatsächlich von Aliens gesendet worden sein, müssten diese über eine enorme Energiequelle verfügen, betont Seti-Direktor Seth Shostak. "Wenn sie ganz genau auf die Erde gezielt haben, wären 50 Trillionen Watt nötig, um uns zu erreichen. 50 mit 12 Nullen: Das ist etwas mehr, als alle Kraftwerke und alle Verkehrsmittel in jedem Moment verbrauchen."

In einem Beitrag auf der Website seines Instituts zeigt Shostak sich auch verwundert, dass das russische Team mehr als ein Jahr gewartet hat, um die Entdeckung bekanntzugeben. Er verweist auch auf so manche Tücken der Technik: Laut den Seti-Forschern beruht die Technologie des Ratan-600-Teleskops auf einer optischen Verzerrung, die mit einer Hornhautverkrümmung verglichen werden könne.

Dieser "Astigmatismus" verhindere eine hochpräzise Lokalisierung des Herkunftsorts der Radiosignale. Während andere Teleskope so präzise sein könnten wie ein Laserpointer, sei bei dem russischen Himmelsauge die Antenne auf der einen Seite lang und auf der anderen kurz. Diese Konstruktion sei hilfreich, um in einem breiten räumlichen Feld viele Signale aufzuschnappen, jedoch eben weniger präzise bei der genauen Ortsangabe.

Woher kommt also das Signal, wenn nicht von Außerirdischen? Ähnlich wie das berühmte "Wow!"-Signal aus dem Jahr 1977, das ebenfalls von ihnen stammen soll, wurde es bisher nur einmal registriert. Bei dem rätselhaften Phänomen könnte es sich auch um ein technisches Störsignal von der Erde handeln, das dazwischengefunkt hat. Oder es könnte das Ergebnis räumlicher Verzerrungen im Kosmos sein, die von Radioteleskopen aufgeschnappt werden.

"Einem einzelnen Signal darf man nicht trauen", warnt Axel Quetz vom Max-Planck-Institut für Astronomie: "Die Wahrscheinlichkeit, dass es von Außerirdischen kommt, ist nicht sehr hoch." Weitere Ergebnisse und gegebenenfalls eine Bestätigung soll am 27. September beim International Astronautical Congress in Guadalajara, Mexiko präsentiert werden.