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Geheimnisse von Leben und Schwerkraft

Von Eva Stanzl

Wissen
Um nach Exoplaneten zu suchen, messen Teleskope winzige Helligkeitsschwankungen von Sternen.
© DLR

Europäische Raumfahrtagentur startet Suche nach Erd-Zwillingen und gibt grünes Licht zur Gravitationswellen-Messung.


Wien. Gibt es tatsächlich Leben auf anderen Planeten? Und wie funktioniert die Schwerkraft? Auf der Suche nach Antworten auf die größten Rätsel des Universums setzt die Europäische Raumfahrtagentur ESA nun zwei vielversprechende wissenschaftliche Projekte um. Das wissenschaftliche Komitee der ESA hat am Dienstagnachmittag die Satelliten-Mission Plato (Planetary Transits and Oscillations of Stars) beschlossen, die kleine, erdähnliche Planeten aufspüren soll. Grünes Licht erhielt außerdem das Gravitationswellen-Observatorium Lisa (Laser Interferometer Space Antenna).

Über 3600 Planeten um andere Sterne wurden bisher entdeckt. Viele sind für irdische Begriffe exotisch. Es gibt Gasriesen wie Jupiter, die sehr enge Bahnen um ihre zentralen Sterne ziehen, oder Zwergplaneten wie Pluto, die anders als dieser ihre Sonnen binnen weniger Tage umrunden. Gibt es wirklich eine zweite Erde? Die meisten der bisher entdecken Kandidaten sind zu weit entfernt, als dass zu Lebzeiten Funksignale aufgebaut werden könnten. Einzig Proxima b kreist in 4,2 Lichtjahren Entfernung. Für einen Funkkontakt wäre er somit nahe genug. Doch ob er tatsächlich bewohnbar ist, müssen neue teleskopische Beobachtungen klären.

Kleine, bewohnbare Planeten

Hier kommt Plato ins Spiel. Die Mission soll die Exoten weglassen und sich auf die Erd-Zwillinge konzentrieren. "Mit Plato hofft man, eine zweite Erde zu entdecken, auf der vielleicht flüssiges Wasser oder sogar Leben möglich ist", erläutert der Exoplanetenforscher Luca Fossati vom Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF).

Während gegenwärtige boden- und weltraumbasierte Teleskope vor allem große Planeten um kleine Sterne finden, widmet sich Plato den erdähnlichen Planeten. 26 hochempfindliche Kameras werden von einem Satelliten aus ins Weltall blicken. Das Weltraumteleskop soll aus 1,5 Millionen Kilometer Entfernung von der Erde - vom Lagrange-Punkt L2 im All - den Kosmos nach winzigen Helligkeitsschwankungen von bis zu einer Million Sternen absuchen. Die Kameras sehen minimalste Finsternisse. Diese treten ein, wenn ein Planet vor seiner "Sonne" vorbeizieht. Die Art der Verdunkelung kann mit einer durch unseren Mond verursachten Sonnenfinsternis verglichen werden.

Aus den aufgenommenen Lichtkurven dieser Planetentransite können Durchmesser und Umlaufzeit des Exoplaneten sowie Alter, Masse und Radius seines Muttersterns abgeleitet werden. "Plato sucht spezifisch nach Exoplaneten, die ihren sonnenähnlichen Stern in der lebensfreundlichen Zone umkreisen", führt Fossati aus.

Das IWF in Graz liefert die Hardware für den Datenstrom der Kameras. Das Institut für Astrophysik der Universität Wien steuert die Flugsoftware an Bord des Satelliten bei. Unter der Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt soll die mit bis zu 800 Millionen Euro budgetierte Mission 2026 starten.

Kräuselungen der Raumzeit

Ab 2034 sollen dann die drei Satelliten des kosmischen Observatoriums Lisa abheben. Die ESA will Lisa zu ihrer Flaggschiff-Mission machen. Ziel ist, durch die Messung von Gravitationswellen im All die Schwerkraft und exotische Phänomene am Rande des Kosmos besser zu verstehen.

Vor 100 Jahren hatte Albert Einstein Gravitationswellen als geheimnisvolle Kräuselungen der Raumzeit vorhergesagt. Sie entstehen immer dann, wenn irgendwo im Universum Massen beschleunigt werden. Jedoch sind sie meistens so schwach, dass die Messgeräte nicht reagieren. Erst Anfang des Vorjahres konnte das Ligo-Observatorium der Nasa die Signale einer gigantischen kosmische Fusion zweier mittelschwerer Schwarzer Löcher auffangen, eines mit 36 und eines mit 29 Sonnenmassen, 1,3 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt. Die Gravitationswellen eilten anschließend mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum bis zur Erde.

Das Lisa-Observatorium besteht aus drei identischen Satelliten, die in jeweils 2,5 Millionen Kilometer Entfernung von einander im All Laserstrahlen hin- und herschicken. Winzige Störungen in den Lichtstrahlen gelten als ein Indiz für jene gigantischen Ereignisse, die die Gravitationswellen aussenden. Die Wellen verbreiten sich dabei in alle Richtungen und verbiegen den Raum, ähnlich wie ein ins Wasser geworfener Stein die Wasseroberfläche in Schwingungen versetzt.

Ursprünglich war die Lisa-Mission ein Gemeinschaftsprojekt von ESA und der US-amerikanischen Nasa. Die Nasa zog jedoch ihre Beteiligung aus finanziellen Gründen zurück. Laut der britischen BBC bekundet sie nun wieder Interesse. Bei der derzeit laufenden Paris Air Show zeigte sich der wissenschaftliche Direktor der ESA, Alvaro Gimenez Ganete, offen: "Wichtig ist im Fall einer Beteiligung, dass die ESA federführend ist", sagt er.