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Indiens Silicon Valley gewinnt an Fahrt

Von Eva Stanzl

Wissen
Die Digitalisierung ist global bestens vernetzt.
© Fotolia/BillionPhotos.com

Eine Kooperation zwischen österreichischen und indischen Forschungsinstituten soll vorangetrieben werden.


Bangalore. Österreichs Forschung will mit indischen Partnern zusammenarbeiten. Geplant ist eine Kooperation zwischen dem größten außeruniversitären Forschungsinstitut in Österreich, dem Austrian Institute of Technology (AIT), und dem renommierten Indian Institute of Science (IISc) in Bangalore. Die universitäre Forschungseinrichtung mit Schwerpunkt Naturwissenschaften wurde 1909 von der indischen Regierung auf Anregung des Industriellen Jamsetji Nusserwanji Tata gegründet. Der Tata-Konzern ist heute als Unternehmen weltweit in nahezu allen Geschäftssegmenten tätig.

Bangalore, die Hauptstadt des indischen Bundesstaates Karnataka, ist ein Zentrum der zivilen und militärischen Luft- und Raumfahrtindustrie und -forschung Indiens und hat sich in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten IT-Zentren des Landes entwickelt. Viele heimische Unternehmen, vom Autozulieferer AVL List bis zum Leiterplattenhersteller AT&S, haben Niederlassungen im "Silicon Valley Indiens" und erzeugen hier für den lokalen und globalen Markt. Nun will Österreichs Forschung von hier aus neue Entwicklungen für beide Länder vorantreiben.

Jungforscher bleiben

"Wir wollen noch heuer ein Memorandum of Understanding unterzeichnen und zwei Workshops abhalten, um gemeinsame Ziele zu konkretisieren", sagte der wissenschaftliche Leiter des AIT, Wolfgang Knoll, vor Journalisten am Rande des von der Österreichischen Außenwirtschaft organisierten ersten "Indian-Austrian R&D Talk" (indisch-österreichisches Forschungsgespräch) am Donnerstagabend in Bangalore. "Bis vor wenigen Jahren haben indische Jungforscher das Land verlassen. Heute bilden wir sie aus und sie bleiben. Wir haben großes Interesse, zur Lösung globaler Herausforderungen beizutragen", betonte Kunar Shrivastava vom Department für Wissenschaft und Technologie des Bundesstaates Karnataka.

Potenzielle Kooperationsbereiche sind Stadtentwicklung, Steuerung von Personen- und Verkehrsströmen in Großstädten, Künstliche Intelligenz und Data Science. Etwa hat das AIT elektronische Leitsysteme zur Steuerung von Personenflüssen bei Open Air-Massenevents entwickelt, die in indischen Megacities zum Einsatz kommen könnten. Das IISc wiederum hat von allen akademischen Institutionen in Indien die meisten Veröffentlichungen. Es ist im Shanghai-Ranking als beste und oft einzige Uni Indiens aufgeführt.

Indien beim Forum Alpbach

Weiters soll es bei den heurigen Technologiegesprächen beim Forum Alpbach, die sich um Künstliche Intelligenz und Digitalisierung drehen, einen Indien-Schwerpunkt geben. "Indien ist die am schnellsten wachsende Wirtschaft und ein Zentrum der Informationstechnologien", betonte Forschungsratsvorsitzender Hannes Androsch. In den letzten Jahren haben sich in Bangalore viele in- und ausländische Computer- und Hochtechnologiefirmen angesiedelt, die die Stadt zu einem Zentrum der indischen Softwareindustrie machten.

Insbesondere große internationale Unternehmen wie Amazon, IBM, Motorola, Tata Consultancy Services, Siemens oder Texas Instruments haben sich hier in großen Technikparks niedergelassen. Dadurch hat sich in Bangalore eine breite Mittelschicht von hoch qualifizierten und überdurchschnittlich verdienenden indischen Informatikern gebildet. Indien ist der größte Exporteur von IT-Dienstleistungen, jedoch ein Nachzügler im Bereich Verkehrssteuerung.

Bangalore baut derzeit ein U-Bahn-Netz, um die Verkehrsbelastung zu erleichtern. Eine Million Autos verursachen in der Stadt einen chaotischen Ganztagsstau. Im Auto dauert es etwas mehr als eine Stunde, um 20 Kilometer zurückzulegen. "Der Startpunkt für eine Smart City ist ein ganz anderer als in Europa. Wir leben in etwas geordneteren Systemen", sagte Knoll. Zwar hat die Regierung in New Delhi eine Smart-City-Initiative auf den Weg gebracht, die die Städte umweltfreundlicher, geregelter und lebenswerter machen soll. Jedoch gibt es keine Sanktionen bei Nichterfüllung der Ziele.

Vordringlich sind grundlegende Probleme: Indiens Regierung hat diese Woche 15 Monate vor der Parlamentswahl großzügige Ausgaben angekündigt, die vor allem den Armen zugute kommen sollen. So kündigte Finanzminister Arun Jaitley bei der Vorstellung des neuen Haushaltsplans für 2018/2019 das "größte staatlich geförderte Gesundheitsprogramm der Welt" an. Außerdem will die Regierung umgerechnet etwa 161 Milliarden Euro in die ländliche Entwicklung investieren.

Ein weiterer großer Posten ist ein Entwicklungsprogramm für die ländliche Region. 161 Milliarden Euro sind etwa für den Bau von Straßen, Toiletten und Strom-Infrastruktur vorgesehen. Der neue Gesundheitsplan soll einer halben Million von Indiens ärmsten Bürgern eine bessere Gesundheitsversorgung ermöglichen.

Landwirte profitieren

Ihnen stünden künftig bis zu 7294 Euro pro Jahr für Krankenhausbesuche zur Verfügung, so Jaitley. Bisher waren es höchstens 377 Euro. Der Minister sagte, die Regierung sei "ernsthaft besorgt", dass Millionen Inder Darlehen aufnehmen müssten, um Krankenhausbehandlungen bezahlen zu können. Auch den indischen Landwirten soll das Paket zugute kommen. Die Mehrheit von Indiens 1,25 Milliarden Menschen zählender Bevölkerung lebt auf dem Land. Ihre Stimmen sind bei den im Mai 2019 anstehenden Parlamentswahlen entscheidend.

Die Regierung hatte bereits im letzten Haushaltsplan eine deutliche Steigerung der landwirtschaftlichen Einkommen versprochen. Nach wie vor leben und arbeiten aber viele Bauern in großer Armut, ohne ausreichenden Zugang zu Wasser oder landwirtschaftlichen Maschinen.

Der indische Finanzminister kündigte zudem Steuererleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen an. So will die Regierung die Unternehmer animieren, ihre Gewinne zu reinvestieren und Arbeitsplätze zu schaffen.