Wien. Die Kämpfe zwischen der türkischen Armee und der kurdischen PKK haben sich in den vergangenen Monaten wieder verschärft. Mehrere Bombenanschläge - einer davon ausgerechnet am 11. September in Istanbul - sind mit ein Grund, warum der Konflikt zuweilen auch auf die türkische und kurdische Diaspora überschwappt, wie unlängst, als es in Mannheim bei einem Kurdischen Festival zu Ausschreitungen kam.
Doch all das ist kein Thema bei "Imagine Shakespeare". In diesem besonderen Bühnenstück spielen Türken und Kurden gemeinsam dreisprachig den "Sommernachtstraum" von William Shakespeare. "Unsere Aufgabe ist es, Theater zu machen. Das Politische überlassen wir den Kollegen." Recep Bektas ist Mitglied im Kurdischen Dachverband und spielt den Oberon in "Imagine Shakespeare".
Der kleine Puck hat diesmal nicht nur die Gefühle, sondern auch die Sprachen vertauscht: Wenn ein Kurde türkisch und ein Türke kurdisch spricht, dann wird eine harmlose Shakespeare-Liebeskomödie aber auch zu einem politischen Statement. Als solches ist das Projekt auch gedacht. "Das Ganze hier ist eine Message für mehr Toleranz. In der Türkei wäre das natürlich eine heikle Sache, aber wir hier sind ja mit Kurden aufgewachsen und wie eine Familie. Die Menschen selbst vertragen sich", betont Melike Kartal, die den Puck spielt. Sie findet, wie auch die anderen Schauspieler im türkisch-kurdischen Sommernachtstraum, der Konflikt sei ein rein politischer. Ein Stück wie dieses würde in der Türkei vermutlich für Diskussionen sorgen. Dilan Duran, die Helena, vermutet, dass es dort nicht einmal zustande kommen würde. Ihren Eltern in der Türkei hat die Studentin der Theaterwissenschaften nichts von dem Projekt erzählt.

Aber auch in Europa ist es ziemlich einmalig, dass Türken und Kurden gemeinsam Theater spielen. Die Idee hatte Manfred Michalke, Gründer des Wiener Vorstadttheaters, das seit 1994 integratives Theater mit und für sogenannte Randgruppen macht. Menschen mit mehrfacher Behinderung ("Die erste Österreichische Behindertenpassion"), Asylwerber ("Warten auf Godot", "Nachtasyl", "Endspiel"), Drogenabhängige ("Der Klassenfeind") oder jugendliche Straftäter ("Gerettet", "Leonce und Lena") waren schon Akteure des Vorstadttheaters. Um Michalkes Gefängnistheater-Projekte hatte es in den letzten Jahren regelrechte Hetzkampagnen seitens gewisser Boulevardblätter und politischen Widerstand gegeben, nach dem Motto: "Skandal, unsere Steuergelder gehen an Verbrecher!"