Was muss das für ein Mist gewesen sein", rief dem renommierten Blumenmaler Fritz Radler sein alter Vater entgegen, "wenn der Dr. Ankwicz dein Bild keines einzigen Wortes gewürdigt hat!"

Lob lag ihm eher als Tadel: "WZ"-Kunstkritiker Hans Ankwicz-Kleehoven (1883-1962). 
- © Bild: "WZ"-Archiv/Repro: Ph. Angelov

Lob lag ihm eher als Tadel: "WZ"-Kunstkritiker Hans Ankwicz-Kleehoven (1883-1962).

- © Bild: "WZ"-Archiv/Repro: Ph. Angelov

Was ein Kritiker, zumal einer der angesehenen "Wiener Zeitung", bei den Künstlern anrichten kann, wusste Hans Ankwicz-Kleehoven nur zu gut. Dabei musste es nicht einmal ein Verriss sein, es genügte, wenn nicht berichtet wurde. Die eingangs zitierte Anekdote schilderte er übrigens in der Festschrift zum 250. "WZ"-Jubiläum 1953. Die große Verantwortung war es auch, die den Kunsthistoriker zögern ließ, als ihn im Frühling 1920 der damalige Chefredakteur Friedrich Sträßle zur Mitarbeit einlud. Ankwicz überlegte - und sagte zu.

Die kleine Nuss Nro. 437 gab der Gemeine Gelegenheit, sich nicht nur mit der Vita des Kunstkenners und Journalisten zu beschäftigen, sondern auch mit der seiner ebenfalls als Kritikerin tätigen Frau Alexandra.

Kenner Cuspinians

Geboren wurde der spätere "WZ"-Mitarbeiter, wie Herbert Beer, Wolfpassing, notiert, 1883 in Böheimkirchen/NÖ als "Sohn des 1913 geadelten Hofrats Johann Ankwicz von Kleehoven . . . und seiner Frau Maria, geb. Heller, die jüdischer Herkunft war." Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums "studierte er . . . Geschichte und Kunstgeschichte in Wien und Berlin." 1906 promovierte er "mit einer Arbeit über das Leben und Werk des Humanisten Johann Cuspinian". (N.B. Der frühneuzeitliche Gelehrte war einer der Hauptprotagonisten der vorigen Zeitreisen-Ausgabe.)

Nach abgelegter "Staatsprüfung am Institut für Österreichische Geschichtsforschung (1907) war er als Bibliothekar tätig", wie Ing. Alfred Kaiser, Purkersdorf, recherchierte. Während des Weltkrieges diente er als Leutnant und Kommandant des Handmaschinengewehrzuges. "1925 wurde er Direktor der Bibliothek des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (nun Museum für Angewandte Kunst, Anm.)", wo er bereits seit einigen Jahren als Kustos tätig gewesen war. "1929 ernannte man ihn zum Oberstaatsbibliothekar."

Sein erster Beitrag für die "Wiener Zeitung" erschien, auf eigenen Wunsch gezeichnet mit "H. A.", am 20. März 1920 und befasste sich mit einer Ausstellung des Wiener Aquarellistenklubs. Bei der "WZ" trat er in die Fußstapfen von Armin Friedmann (1863- 1939), der zuvor zwei Jahrzehnte Kunstreferent war und 1920 zum "Neuen Wiener Tagblatt" wechselte.

Auf Ankwicz-Kleehovens "WZ"-Tätigkeit geht Helmut Erschbaumer, Linz, ein: "Er informierte die Leserschaft nicht nur über einzelne Künstlerpersönlichkeiten und größere . . . Ausstellungen", sondern brachte auch "eine Vielzahl von Initiativen einzelner Galerien". U.a. berichtete er "1924 . . . über die internationale Kunstausstellung in der Secession". Dabei setzte er einen "Fokus auf die neue Formensprachen des Kubismus, der Maschinenkunst (z.B. Kandinsky) und des deutschen Expressionismus". So beschäftigte er sich etwa mit Franz Marc, Ernst Ludwig Kirchner, Max Beckmann, George Grosz, Oskar Kokoschka oder Max Oppenheimer.

Hausverbot 1941

Ankwicz-Kleehoven wurde 1939, so Volkmar Mitterhuber, Baden, als Bibliotheksleiter "zwangspensioniert" - er galt wegen seiner jüdischen Mutter als "Mischling". Da mit 15. Februar 1939 der redaktionelle Teil der "Wiener Zeitung" eingestellt wurde (Ende Februar 1940 folgte der verbliebene amtliche Teil), fiel auch seine journalistische Tätigkeit bei dem Blatt weg.

Brigitte Schlesinger, Wien 12, fand heraus, dass Ankwicz-Kleehoven "inoffiziell" weiterhin seinen "Arbeitsplatz in der Museumsbibliothek" behielt. Nach einer "anonymen Beschwerde", dass dort "ein Jude . . . tätig sei", erhielt er 1941 Hausverbot, das einige Monate später unter der Bedingung aufgehoben wurde, dass er "nur noch als Privatmann" das Museum betreten dürfe.

Als im Herbst 1945 die "WZ" wieder erschien, kehrte Ankwicz-Kleehoven auf seinen alten Posten zurück und publizierte schon am 30. September einen Beitrag über den "Wiederaufbau des Wiener Kunstlebens". Ing. Helmut Penz, Hohenau/March, zu seinem weiteren Werdegang abseits der "WZ": Er wurde "Direktor der Bibliothek und des Kupferstichkabinetts der Akademie der bildenden Künste", erhielt 1947 den Titel "Generalstaatsbibliothekar" und trat 1949 in den Ruhestand.

"Für seine zahlreichen Artikel über österreichische Künstler" erhielt er "1952 . . . den Professorentitel", so Dr. Alfred Komaz, Wien 19; u.a. widmete sich Ankwicz-Kleehoven Anton Romako, Josef Hoffmann, Dagobert Peche oder Richard Teschner. (Zu letzterem wirft der Spurensucher ein: "Ich bin in der nach ihm benannten Gasse im 18. Bezirk gegenüber dem Schu-bertpark aufgewachsen.")

Wie Gesandter i.R. Dr. Josef Litschauer, Wien 10, ergänzt, befasste er sich "bis zu seinem Tod . . . 1962" mit "lexikalischer Arbeit (z.B. für das spätere österreichische Künstlerlexikon)." Außerdem pflegte er "Verbindungen zu zahlreichen Künstlern".

Waldviertel-Debut 1928

Zu Alexandra Ankwicz-Kleehoven (1886-1969) recherchierte Gerhard Toifl, Wien 17: Auch sie "beschäftigte sich wissenschaftlich mit der Geschichte und Kunst Österreichs". Neben Veröffentlichung von diversen Zeitschriftenartikeln publizierte sie "1955 . . . eine Monographie über Tina Blau" (1845-1916), eine "bedeutende . . . Landschaftsmalerin".

Alexandra war, wie ihr Mann (Heirat 1912), "für die "Wiener Zeitung" tätig." Einer der ersten Beiträge, der unter ihrem Namen erschien, widmete sich der Gegend um Arbesbach im Waldviertel (25. Sept. 1928). In den folgenden Jahren berichtete sie u.a. über zahlreiche Kunstausstellungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie beim Österreichischen Rundfunk tätig.

Zu ihrem Vater Alexander von Sauer-Csáky (geb. 1845) notiertMichael Chalupnik, Sieghartskirchen: Er war "k.k. Hofrat und Zentraldirektor des k.k. Versatz-, Verwahrungs- und Versteigerungsamtes in Wien" (nun "Dorotheum").

"Sein Ableben vermittelt uns, dass Rauchen tödlich sein kann", so bereits erwähnte Tüftlerin Schlesinger: "Nein, nein! Er ist nicht an Lungenkrebs gestorben, sondern bei einem Unfall." Wie die Nussknackerin einem zeitgenössischen Bericht entnahm, frühstückte der Hofrat Ende August 1910 in seiner Döblinger Villa in der Prinz-Eugen-Straße 10 (seit 1911 Felix-Mottl-Straße). "Bald darauf trat er auf den Balkon, der von dem Regen feucht war, um eine Zigarette zu rauchen. Er setzte sich auf die Balustrade, verlor, als er die Asche abstreifen wollte, das Gleichgewicht und stürzte aus dem ersten Stockwerk auf den kiesbestreuten Weg". Er fiel so unglücklich, dass er sich einen tödlichen Schädelbruch zuzog.

Zusammenstellung dieser Rubrik: Andrea Reisner