Etwa 80 vergilbte Seiten hat ein handgeschriebenes Liederbuch, das Franz Drucker, Hafnerbach/NÖ, in seinem Elternhaus aufbewahrt. In dem wohl auf die Revolutionszeit 1848 zurückgehenden Familienerbstück sind, so der Geschichtsfreund, "bekannte, aber auch teilweise ordinäre Lieder enthalten." Eines mit dem Titel "Kaiser-Lied" ließ Spurensucher Drucker den Zeitreisen als Ergänzung zur April-Hauptgeschichte zukommen.
Zur Erinnerung: Vor einem Monat hatte sich das Geschichtsfeuilleton dem Kampf der "Wiener Zeitung" 1848 gewidmet, als das Blatt für Pressefreiheit und Demokratie eintrat (und später dafür bezahlen musste). Die dem Regenten Ferdinand I. gewidmete Weise (siehe Faksimile der ersten Zeilen rechts) beginnt so: "Guter Kaiser, Ferdinand, / Wie sehr bist du bedrübt, / Deine schöne Kaiserkron, / Hat dich noch nicht beglückt". Und um dem Regenten keine Schuld an der Revolution zuzuweisen, zeigte man auf den mächtigen Staatskanzler, dessen Politik die Menschen auf die Straße getrieben habe: "Der große Fürst der Methernicht (sic), / (...) Er hat das Unheil angestift, / Die Refaluzion."
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Apropos Metternich: Auch Gerd Brunner (willkommen im Tüftlerkreis!) meldete sich zum Sturmjahr 1848 und zu dessen Vorgeschichte zu Wort. Er schickte dazu einen Auszug aus Jörg Bongs Buch "Die Flamme der Freiheit" (2022), in dem es u.a. um Metternich und sein "Überwachungs- und Verfolgungssystem" geht. "Wenn Paris hustet, erkältet sich Europa", soll der Fürst einst gewitzelt haben. Doch als die Revolution 1848 aus Frankreich u.a. ins Habsburgerreich überschwappte, verging ihm das Lachen: Metternich und sein System wurden gestürzt. Ferdinand dankte einige Monate später zugunsten seines 18-jährigen Neffen Franz Joseph ab.
Zeitreisender Brunner erinnerte auch an eine berühmte radikale Flugschrift des Vormärz: "Der Hessische Landbote" von Georg Büchner, mit dem zur Redewendung gewordenen Aufruf: "Friede den Hütten! Krieg den Palästen!" Das Manuskript schmuggelte Büchner, damals noch Medizinstudent, ins liberal angehauchte Offenbach, wo es heimlich gedruckt wurde. Doch der Autor und seine Helfer wurden verraten, Büchner floh nach Frankreich und in die Schweiz, wo er 1837 an Typhus starb - mit nur 23 Jahren. In seinen letzten zwei Jahren schrieb er mit Dramen wie "Dantons Tod" und "Woyzeck" Literaturgeschichte.
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