Spaziert man durch die Landeshauptstadt Oberösterreichs, könnte man den Eindruck gewinnen, Johannes Kepler wäre gebürtiger Linzer gewesen. So allgegenwärtig ist der Astronom aus Württemberg, den die Stadt stolz zu ihren Söhnen zählt. Neben einem herkömmlichen Denkmal (auf dem Schlossberg) setzte man ihm noch ein weit auffälligeres: Man gab der Universität, so Gertrud Pflügler, Fels, und Gerold Porsche, Buxtehude/Dtld. (willkommen in der Gemeine!), seinen Namen. Bei Recherchen zur Linzer Hochschule (Frage 1 der Nro. 350) spürten die Zeitreisenden nicht nur Kepler, sondern auch einem weiteren großen Wahl-Linzer nach: dem in Böhmen geborenen Adalbert Stifter.

Gründungsfeier der Uni Linz 1966 (Landeshauptmann Gleißner, Rektor Fröhler). - © Foto: Linzer Hochschulfonds/Prokosch
Gründungsfeier der Uni Linz 1966 (Landeshauptmann Gleißner, Rektor Fröhler). - © Foto: Linzer Hochschulfonds/Prokosch

Beginnen wir mit Kepler (1571-1630), der während seiner 14 Jahre in Linz an vielen seiner Hauptwerke arbeitete. U.a. wurde 1619 hier die Weltharmonik gedruckt. Weiters führt Ing. Mag. Hermann Schuster, Baden, an: Aufbauend auf den "Aufzeichnungen . . . Tycho Brahes entwickelte Kepler die drei Kepler’schen Gesetze." Vorwiegend in Linz stellte er die darauf basierenden "Rudolfinischen Tafeln" fertig.

"Landt-Schuel"-Wurzeln

Dr. Wolfgang Waldeck, Wien 18 (willkommen im Tüftlerkreis!), hält fest, dass die Uni "1966 als Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften" den Lehrbetrieb aufnahm. Auf das "Bundesgesetz vom 5. Juli 1962 (BGBl. Nr. 188/ 1962)" als rechtliche Basis verweist Manfred Bermann, Wien 13. Und: Spatenstich 1964 "auf dem Areal des . . . Schlosses Auhof".

Was sich zwanzig Jahre vorher dort abgespielt hatte, erwähnt Christine Sigmund, Wien 23: Auf dem späteren Campusgelände "waren bis zu 5000 russische Kriegsgefangene untergebracht." Das Lager war "bekannt für seine niedrigen Überlebenschancen."

Offiziell trägt die Hochschule den Namen des Astronomen, so Anton Teufl, Pielach, "seit 1975". Unter ihrem alten Titel firmierte sie noch, als MedR DDr. Othmar Hartl, Linz, dort den "Magister rerum socialium oeconomicarumque" (Mag. der Sozial- u. Wirtschaftswiss.) machte. Es gab schon "1971 . . . den Namen "Alma mater Kepleriana"".

Ihre Wurzeln sieht die noch nicht 50 Jahre alte Johannes Kepler Universität (JKU) im 16. Jh. Maria Thiel, Breitenfurt, nennt die "Adeliche Landt-Schuel", auch "Landschaftsschule", als Vorgängerin. 1574 zog diese ins damals neue Linzer Landhaus. Wie Mag. Robert Lamberger, Wien 4, recherchierte, lehrte Kepler dort "von 1612-1624". Es handelte sich, so Dr. Josef Litschauer, Wien 10, um eine "Einrichtung der Stände", also der vom protestantischen Landadel dominierten "Landschaft". Ing. Alfred Kaiser, Purkersdorf: Die Schule bereitete "den Nachwuchs aus den Kreisen des Adels, später auch des gehobenen Bürgertums, auf ein Universitätsstudium" vor. Der Fokus lag auf der lateinischen Sprache.

Dichtung "galt als . . . Vollendung der Eloquenz", so Brigitte Schlesinger, Wien 12; entsprechend "groß ist daher die Zahl der Dichter im Lehrpersonal"; auch Kepler leistete als Literat "Hervorragendes". Seine Verbindung mit der Schule nennt die Tüftlerin "eher lose". Man erwartete nur, dass er, so er der "adeligen Jugendt nützlichs (...) erzeugen khan, Er solches zu thun nit unterlassen soll".

Einen Konflikt, den der Gelehrte gleich zu Beginn seiner Linzer Ära austragen musste, schildert Mathilde Lewandowski, Payerbach: Seine "liberale Haltung im Streit der Konfessionen . . . führte 1612 zu seiner Exkommunikation durch Daniel Hitzler, Superintendent der evangelischen Kirchengemeinde und Inspektor der Landschaftsschule zu Linz".

Kepler kämpfte damals, so Prof. Brigitte Sokop, Wien 17, mit "ständigen Geldproblemen", außerdem beschlagnahmten die Jesuiten seine Bibliothek. Nicht zuletzt belastete ihn in diesen Jahren auch der Hexenprozess gegen seine Mutter (s. S. III). Dr. Wilhelm R. Baier, Graz-Andritz, notiert, dass er im Zuge der Gegenreformation "1626 die Stadt in Richtung Regensburg verlassen" musste. Klaus-Peter Josef, Tulln: Ein "Angebot des Kaisers lehnte er ab, da es an die Bedingung geknüpft war, . . . zum katholischen Glauben überzutreten!"

Aus für höhere Studien

Gutachten : Stifter warnte vor dem "literarischen Proletariat". - © Bild: Hein, Stifter... , Prag 1904
Gutachten : Stifter warnte vor dem "literarischen Proletariat". - © Bild: Hein, Stifter... , Prag 1904

Was wurde aus der evangelischen Landschaftsschule? Die Gegenreformation wandelte sie "in das heutige (katholische) "Akademische Gymnasium" an der Spittelwiese um", so Dkfm. Herbert Wöber, Wien 14; "den Titel "akademisch" führte das Gymnasium von 1796 bis 1854 und wieder seit 1965." Herbert Beer, Wolfpassing, weist darauf hin, dass es "bereits 1669 . . . um ein Lyzeum für höhere Studien erweitert worden" war.

Im 19. Jh. gab es viele Bestrebungen, eine Universität in Linz zu etablieren. Für die knifflige Teilfrage, ob der Schriftsteller und Pädagoge Adalbert Stifter (1805-1868) eine oberösterreichische Hochschule befürwortete, legte sich Dr. Alfred Komaz, Wien 19, ins Zeug. Bibliotheksgänge waren nötig - "das Internet war (mir) dieses Mal keine Hilfe". Hier das Ergebnis: Stifter verfasste "ein handschriftliches Gutachten vom 10. April 1849 zu diesem Problem . . . Kurz und gut:" Er sprach sich "gegen die Errichtung einer Universität in Oberösterreich" aus.