Ganze vier Seiten umfasste die Sonderbeilage, mit der das "Wienerische Diarium" seine Leserinnen und Leser über die Geburt Maria Theresias am 13. Mai 1717 informierte - für damalige Verhältnisse eine außergewöhnlich umfangreiche Schilderung. Unsere einst zweimal wöchentlich erscheinende Zeitung hatte ja insgesamt nur einige wenige Seiten im "Gebetbüchelformat".

Von der Dekoration bis zu den Kleidern der Gäste breitete unser Blatt das Fest in allen Einzelheiten vor dem Lesepublikum aus. Es war nichts dem Zufall überlassen: Das strenge Hofzeremoniell gab sämtliche Abläufe bis ins kleinste Detail vor. Von dem, was wir heute Privatsphäre nennen, war bei einer Geburt im Herrscherhaus keine Rede. Immerhin hing davon das ganze Staatswesen ab. Das Kaiserpaar, Karl VI. und Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel, hatte ein halbes Jahr zuvor sein erstes Kind, einen Sohn, verloren. Man brauchte also einen neuen Thronfolger.

Dass nun ein Mädchen das Licht der Welt erblickte, wird viele enttäuscht haben. Es wusste ja noch niemand, dass die kleine Maria Theresia dereinst das Szepter in die Hand nehmen würde.

Eilbote nach Laxenburg

Wie der allererste Tag im Leben der späteren Regentin verlief, ist der "Diarium"-Ausgabe vom 15. Mai 1717 zu entnehmen: Die damals 25-jährige Elisabeth Christine habe am 13. May / Fruhe gegen 3. Uhr / bey Sich empfunden / daß die Zeit Dero Höchsterwünschten Niederkunft sich merklich herbeynahe. Da ihr Gatte es vorgezogen hatte, In Dero Lust-Schloss Laxenburg der lieblichen Frühlings-Zeit noch zugeniesen / und daselbsten zuübernachten, eilte ein Bote dorthin. Worauf seine Majestät alsobald der nächtlichen Ruh abgebrochen / und dergestalt geschwind Sich herein begeben / daß Sie schon gegen halber 6. Uhr (...) in der Kaiserlichen Burg / Sich eingefunden hatten.

Jede Geburt bedeutete damals Lebensgefahr für Mutter und Kind. Erleichtertes Aufatmen also, als schon nach wenigen Stunden / und zwar nach halber 8. Uhr (...) die Kaiserin / einer wohlgestalt- und gesunden Erz-Herzogin (...) entbunden wurde. Es war eine so glücklich- als geschwind- und leichte Geburt. Mit Trompeten- und Paucken-Schall sowie Läutung aller Glocken in der St. Stephans-Dom-Kirchen verkündete man das freudige Ereignis. Der Kaiser befahl, das Kind noch am selben Abend mit den gewöhnlich-prächtigsten Ceremonien zur Heil. Tauf bringen zulassen. Man wusste schließlich nie, ob ein Neugeborenes die ersten Tage überleben würde.

In der Hofburg hatte man für das prunkvolle Fest bereits Vorkehrungen getroffen. So war die Ritterstube mit kostbaren von Gold / Silber und Seiden gewürkten Tappetzereyen behangen und mit viel Christallinen Hang- und andern Wand-Leuchtern beleuchtet. Weiters befand sich im Raum ein Baldachin von Goldstuck und darunter ein Altar. Darauf standen ein großsilbernes Crucifix / mit 6. Silbernen Leuchtern sowie zwei mit viel kostbaren Steinen besetzte Tauf-Beck von unterschiedlicher Größe. Darin wurde das Tauf-Wasser aufbewahrt, in welches man 5. Tropffen von dem Wasser aus dem Fluß Jordan hineingelassen. Außerdem waren Reliquien vorhanden, z.B. ein Dorn von der Cron Christi und ein Nagel / damit der Heiland (...) ans Creutz geheftet worden.

Rechts neben dem Altar war ein mit einem roten sammet- und mit goldenen Borden bebramten Teppich bedeckter Tisch / und darauf auch ein silbernes Crucifix / samt zwey dergleichen Leuchtern / und einem rot-sammeten Polster mit goldenen Borden gewesen, worauf man das Kind nachher legte.

Gold, Silber und Atlas

Daneben stund ein mit Goldstuck überzogener Beht- und Lehn-Stul für den Kaiser und die kaiserlichen Witwen sowie weitere derartige Möbel für hochrangige Gäste, darunter der venezianische Botschafter und der Prinz von Portugal. Über einer Tür war ein Gerüst für die Kaiserliche Hof-Musik aufgebauet.

Dann endlich des Abends / nach 8. Uhren begann der Einzug aus der Kaiserlichen Anti-Camera. Voran gingen Kavaliere, niederösterreichische Stände, Kämmerer und geheime Räte, allesamt theils in kostbar gestickten / und theils bebramten (...) Kleydern mitkostbaren Bändern auf den Achseln. Nach dem päpstlichen Nuntius und Venedigs Botschafter schritt der Kaiser in einem gold- und Silberstuckenen Mantel-Kleid / mit einer roten Feder auf dem Hut herein. Ihm folgten die Verwittibt-Kaiserliche Majestäten Eleonore Magdalena, Witwe Leopolds I., sowie Wilhelmine Amalie, Witwe Josephs I., in Dero (...) wohl-anständig schwarzen (...) Tracht.

Schließlich betrat die als Aya bezeichnete Kinderfrau, Frau Dorothea / verwittibte Reichs-Gräfin von Thurn und Valsassina, den Saal. Sie hatte den Säugling auf einem Polster von weissem Atlaß / und mit allerhand Kleinodien geschmucket aus dem Zimmer der Kaiserin in die Anti-Camera getragen und ihn, dem Zeremoniell entsprechend, Obersthofmeister Fürst Anton Lichtenstein auf die Armbe gegeben.

In "schönstem Aufbutz"

Nun erschienen die Töchter der verstorbenen Kaiser in Goldstuckenen Kleidern / und mit den kostbarsten Steinen gezieret, gefolgt von verschiedenen Hofdamen, ebenfalls in schönstem Aufbutz.