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055 - „Ich mach' die Kirche zur Disco – ich bin der DJ“

Die Musik in der Kirche und die Spotify-Listen junger Menschen sind komplett unterschiedlich, dachte sich Sandesh Manuel, römisch-katholischer Priester im Franziskanerkloster in Wien. Deshalb begann er zu rappen, erreicht damit auch junge Menschen und wurde zum Online-Seelsorger.

33 Min

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„Rap ist Teufelssache, sagen die Insider", meint Pater Sandesh Manuel.
© Illustration: WZ, Bildquelle: Midjourney

Die Kirche schlafe manchmal, sagt Pater Sandesh Manuel in dieser Folge des WZ-Podcasts „Weiter gedacht". Er ist römisch-katholischer Priester im Franziskanerkloster in Wien – und gleichzeitig Rapper, Maler, YouTuber mit mehr als 45.000 Abonnent:innen und Blogger. Auf diesem Weg – online und auf Social Media – könne er auch junge Menschen erreichen, meint er, denn: Wegen der Musik komme wohl kein junger Mensch in die Kirche. Deren Spotify-Listen und die Lieder, die in der Kirche gespielt werden, seien komplett unterschiedlich.

Rap sei Teufelssache, sagen indes die Insider, so Sandesh Manuel zu WZ-Host Petra Tempfer, die gemeinsam mit WZ-Host Mathias Ziegler durch die Folge führt. Er stehe allerdings dazu, die Kirche zur Disco zu machen, wie er es nennt. „Da sag' ich dann: Ich bin der DJ."

Unter dem Zölibat, also der sexuellen Enthaltsamkeit, leide er allerdings. Deshalb wäre Sandesh Manuel dafür, diesen abzuschaffen. Frauen und Männer sollten in der Kirche generell auf derselben Ebene stehen.

Pater Sandesh Manuel im Podcast-Studio mit WZ-Host Petra Tempfer.
Pater Sandesh Manuel und WZ-Host Petra Tempfer im Podcast-Studio.
© WZ/Mathias Ziegler

Produziert von „hört hört!“.


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Infos und Quellen

Genese

Nachdem WZ-Host Mathias Ziegler bereits mehrere Interviews für unterschiedliche Texte mit dem rappenden Franziskaner Pater Sandesh Manuel geführt hat, wollten wir euch auch dessen Musik vorspielen: Deshalb haben er und WZ-Host Petra Tempfer, die diesmal Sandesh Manuel interviewt hat, diese Folge gestaltet und musikalische Kostproben für euch.

Gesprächspartner

Der Franziskanerpater Sandesh Manuel wurde am 4. Jänner 1980 im indischen Bangalore geboren. Als 17-Jähriger trat er in den Orden ein und wurde mit 29 Jahren zum Priester geweiht. Bald danach kam er nach Österreich. Sandesh Manuel hat Bachelor-Abschlüsse in Philosophie, indischer Philosophie und indischer Musik. Neben unzähligen Online-Musikvideos malt er auch und hat im Jahr 2022 seine Autobiografie „Der Herrgott hat gelacht. Mein Leben mit Hip-Hop und Kloster“ veröffentlicht. Auf YouTube hat @PaterSandeshManuel aktuell mehr als 45.000 Abonnent:innen.

Pater Sandesh Manuel in der Kirche.
Auf YouTube hat @PaterSandeshManuel aktuell mehr als 45.000 Abonnent:innen.
© Erzdiözese Wien

Daten und Fakten

Der Franziskanerorden wurde um 1210 vom Heiligen Franz von Assisi (1181 oder 1182–1226) gegründet. Er ist ein Bettelorden, was bedeutet, dass seine Mitglieder mehr oder weniger besitzlos sind. Das Ordenskürzel OFM steht für die lateinische Bezeichnung „Ordo fratrum minorum“ (Orden der Minderen Brüder). Im Zug einer Teilung im 16. Jahrhundert gingen aus dem Franziskanerorden die Kapuziner und die Minoriten als weitere Zweige hervor. Heute haben die Franziskaner mehr als 13.000 Mitglieder in 120 Ländern der Welt. Als eine ihrer wichtigsten Aufgaben sehen sie die Seelsorge mit besonderem Fokus auf Hilfe für die Armen.

  • Katholische Bevölkerung in Österreich: In der Nachkriegszeit waren fast 90 Prozent der Österreicher:innen katholisch, und selbst in den 2000er-Jahren stellten katholisch Getaufte noch knapp drei Viertel der Gesamtbevölkerung. Inzwischen hat sich der Anteil auf 50 Prozent reduziert, die Tendenz geht weiter nach unten.

  • Gottesdienstbesucher:innen in Österreich: Die Corona-Lockdowns 2020 und 2021 sorgten für einen massiven Einbruch. Der Trend war allerdings schon davor rückläufig.

  • Wenig Vertrauen in die Kirche: Wenn es um das Vertrauen in Institutionen geht, liegt die katholische Kirche sehr weit hinten. Nur die Bundesregierung, umstrittene Klimaschützer:innen und die Sozialen Medien schneiden noch schlechter ab. Ihr soziales Hilfswerk Caritas liegt zumindest im positiven Bereich.

  • Die katholische Kirche in Österreich steht vor einem Umbruch. Am 18. Jänner 2025 wird der Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn offiziell verabschiedet. Nach 30 Jahren an der Spitze der Erzdiözese Wien zieht er sich mit seinem 80. Geburtstag in den Ruhestand zurück. Auf seinen Nachfolger warten große Herausforderungen, ist doch die katholische Kirche im Schrumpfen begriffen. Im Wiener Stadtgebiet gab es noch vor 40 Jahren mehr als 1,5 Millionen Katholik:innen – in den nächsten 30 Jahren wird ein Rückgang auf 700.000 prognostiziert.

Quellen

Das Thema in der WZ

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