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076 - 8. Mai 1945: (K)ein Tag wie jeder andere
. . . und plötzlich war der Krieg vorbei und Österreich vom Nationalsozialismus befreit. Zumindest gilt der 8. Mai 1945 als offizielles Datum für das Ende des Zweiten Weltkriegs in Österreich. Für die Zivilbevölkerung hat sich damals aber zunächst nicht viel geändert, sagt Erika Pazdera im Rückblick. Die heute 92-Jährige hat den Weltkrieg und den Nationalsozialismus als Kind miterlebt. Sie schildert die große Not, die auch nach Kriegsende herrschte. Und sie berichtet vom großen Schweigen, das dem Schrecken des NS-Terrors folgte.
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„Für mich hat sich praktisch im Alltag nichts geändert“, erzählt Erika. „Ich hab gefragt: Jetzt haben wir Frieden – was ist da jetzt anders?“ Ihre Heimatstadt Wien lag in Trümmern, die Menschen hungerten. Aber zumindest fielen keine weiteren Bomben mehr. Und ihr Vater kam zurück nach Hause. Im Krieg dürfte er als Soldat in Osteuropa Vergasungsversuche mitbekommen haben. Der Krieg hatte ihn verändert, stellt seine Tochter fest, die unterdessen daheim ein Klima der Angst erlebte. Durch ihre slawische Abstammung war Erika für die Nazis ein Mensch zweiter Klasse, wie sie sagt, und ihr Onkel wurde hingerichtet, weil er Geld für KZ-Insassen gesammelt hatte. Sie sah die Deportation von jüdischen Nachbar:innen mit an – und spürte schon als Kind instinktiv, dass es besser war, manches für sich zu behalten. All das erzählt Erika im Gespräch mit WZ-Host Mathias Ziegler, der gemeinsam mit Petra Tempfer durch diese letzte Spezialfolge des WZ-Podcasts „Weiter gedacht“ zu 80 Jahren Weltkriegsende führt.
Produziert von „hört hört!“.
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Infos und Quellen
Genese
Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg nach fast sechs Jahren. Wir wollten wissen, wie sich dieses Kriegsende und der neue Frieden für die Menschen angefühlt hat, und haben mit einer Zeitzeugin gesprochen, die damals zwölf Jahre alt war.
Gesprächspartnerin
Erika Pazdera wurde 1933 in Wien geboren, wo sie den Zweiten Weltkrieg verbrachte. Später absolvierte sie eine Wirtschaftsschule und arbeitete zunächst in einer Hemdenfabrik, dann in einem Kinderheim, ehe sie erst Altenpflegerin und dann Röntgenassistentin wurde.
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Daten und Fakten
Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg mit dem Inkrafttreten der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reichs. De facto endeten die Kampfhandlungen mancherorts schon mehrere Wochen früher. In Wien zum Beispiel war das am 22. April der Fall, und bereits am 27. April 1945 bildeten die neu formierten Parteien SPÖ, ÖVP und KPÖ gemeinsam eine provisorische österreichische Staatsregierung und riefen die Zweite Republik aus. Etwas mehr als die Hälfte der 15 Regierungsmitglieder hatte die NS-Zeit in Haft, in Konzentrationslagern oder im Exil überlebt. In Asien hingegen tobte der Zweite Weltkrieg noch bis zur Kapitulation Japans am 2. September 1945. Die beiden Atombomben auf Hiroshima (6. August) und Nagasaki (9. August) fielen also drei Monate nach dem offiziellen Kriegsende in Deutschland und Österreich.
Quellen
Erika Pazderas Aufzeichnungen zum Zweiten Weltkrieg:
Studie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zum Mythos der Trümmerfrauen (englischsprachig):