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084 - ME/CFS: Wenn jeder Schritt einer zu viel ist
Acht Jahre lang war Astrid Hainzl ständig krank, bis sie 2018 endlich eine Diagnose bekam: Die 34-Jährige leidet an ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom). Die Ursache dafür ist meist ein Infekt – die Auswirkungen sind vielfältig und reichen von Schlafstörungen über verschiedenste, oft diffuse Schmerzen und Husten bis hin zu kognitiven Beeinträchtigungen. Bis zu 200 Symptome treten in Folge von ME/CFS auf. Obwohl die WHO diese Krankheit bereits 1969 offiziell anerkannt hat, werden Betroffene immer noch von manchen Ärzt:innen nicht ernst genommen.
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Mehr als 75.000 ME/CFS-Erkrankte dürfte es in Österreich geben, viele von ihnen sind noch Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene. Der Großteil der Betroffenen ist nicht mehr arbeitsfähig, ein Teil wird vollständig pflegebedürftig, weshalb eine Studie der Wirtschaftsuniversität Wien die sozio-ökonomischen Kosten auf mindestens 2,5 Milliarden Euro pro Jahr schätzt.
Bereits verhältnismäßig milde Krankheitsverläufe führen zu erheblichen Einschränkungen im Alltag. Doch das Leiden wird oft als psychische Erkrankung behandelt oder überhaupt abgetan, teils mit veralteten Diagnosen wie etwa der Neurasthenie (Nervenschwäche). In Österreich gibt es keine einzige spezialisierte Anlaufstelle für ME/CFS, wie es bei anderen schweren chronischen Erkrankungen der Fall ist, sagt Astrid im Gespräch mit WZ-Redakteur Mathias Ziegler, der gemeinsam mit WZ-Host Petra Tempfer durch diese Folge unseres Podcasts „Weiter gedacht“ führt.
Für Astrid selbst war diese halbe Stunde Podcast-Aufnahme alles, was sie an diesem Tag machen konnte. Danach musste sie sich von der Anstrengung erholen, die ihr allein das Reden bereitet hatte. Dabei hat sie viel zu sagen, auch über den nationalen Aktionsplan, auf den die zigtausenden ME/CFS-Betroffenen in Österreich immer noch warten. Zwar wurde ein gutes Jahr lang verhandelt, doch dann hieß es plötzlich: Überarbeitung statt Umsetzung. Denn angeblich gab es zu wenig Beteiligung.
Dabei hatten insgesamt 82 verschiedene Personen – Vertreter:innen von Bund, Ländern und Sozialversicherungen, Expert:innen aus der Medizin und der Wissenschaft sowie verschiedene Interessenvertreter:innen – mitverhandelt, sagt Astrid. Sie ist enttäuscht, weil ihre Erkrankung, die gut ein Prozent der Gesamtbevölkerung betrifft, immer noch ein so vernachlässigtes Thema ist.
Produziert von „hört hört!“.
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Infos und Quellen
Gesprächspartnerin
Astrid Hainzl ist 34 Jahre alt und lebt in Niederösterreich. Aufgrund ihrer ME/CFS-Erkrankung musste sie ihre Tätigkeit als Universitätslektorin aufgeben. Soweit es ihre Kräfte zulassen, engagiert sie sich in der Österreichischen Gesellschaft für ME/CFS.