Zum Hauptinhalt springen

006 - AMS-Vorständin Draxl: „Gegen 32-Stunden-Woche“

Seit 1. Juli ist Petra Draxl die neue Vorständin des Arbeitsmarktservice, besser bekannt als AMS. Mit WZ-Redakteur und Host Bernd Vasari spricht Draxl darüber, warum sie als Frau vor 30 Jahren nicht AMS-Vorständin geworden wäre, was ländliche Regionen tun sollten, um junge Menschen anzulocken und warum eine Arbeitszeitreduktion auf eine 4-Tage-Woche der falsche Weg ist.

36 Min

Auf einer anderen Plattform anhören:

"Eine Arbeitszeitreduktion würde ein Vielfaches an Arbeitskräfte verlangen, die wir nicht haben", sagt Draxl.
© Midjourney

Petra Draxl hat es als erste Frau in den Vorstand des Arbeitsmarktservice (AMS) geschafft. „Vor 30 Jahren wäre das noch unmöglich gewesen“, sagt sie im Podcast-Gespräch mit WZ-Redakteur und Host Bernd Vasari. Frauen sind noch immer in der Minderheit, wenn es um Führungspositionen geht. Man solle daher nicht vor Diskussionen über Frauenquoten zurückschrecken. „Wenn jemand zu mir sagt, dass ich der quotenmäßige Anteil bin, dann antworte ich: Ja, das ist gut und beißt nicht“, sagt Draxl.

Das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern zeigt sich vor allem in der Teilzeitarbeit. Bei Frauen mit Kindern unter 15 Jahren ist Teilzeitbeschäftigung die dominierende Form der Erwerbsarbeit. So liegt die Teilzeitquote der 25- bis 49-jährigen Frauen mit Kindern unter 15 Jahren bei 72,8 Prozent. Die Teilzeitquote der Männer mit Kindern unter 15 Jahren liegt hingegen nur bei 6,8 Prozent. Dabei haben Frauen im Vergleich zu Männern die deutlich höheren Bildungsabschlüsse. Das liege daran, dass in Familien Mütter hauptsächlich für die Kinder zuständig sind, sagt Draxl. Erschwerend dazu kommen die mangelhaften Angebote im ländlichen Bereich, was die Betreuung der Kinder betrifft. „Wir haben massive regionale Unterschiede“, sagt sie. „Wenn eine gute Kinderbetreuung angeboten wird, ist das jedoch ein Wettbewerbsvorteil von Regionen.“ Sie fordert entschiedene Schritte. „Man muss Geld in die Hand nehmen, es braucht das Recht auf Kinderbetreuung. Auch ein kultureller Mindset-Change ist notwendig, dass sich die Eltern die Arbeitszeit gerecht aufteilen und beide zum Beispiel 30 Stunden arbeiten.“

Ländlichen Regionen, die stark von Abwanderung betroffen sind, rät Draxl: „Die Regionen müssen sich als Migrationsregionen sehen. Sie müssten überlegen, wie sie andere Menschen in ihre Gegend holen, wie sie andere Menschen integrieren. Das Land muss zudem etwas städtischer werden. Denn Menschen wollen ein bestimmtes städtisches Angebot haben, damit sie auch in der Region bleiben.“

Die Spitze des AMS teilen sich der ÖVP-nahe Johannes Kopf und die SPÖ-nahe Petra Draxl. Zuletzt forderte SPÖ-Chef Andreas Babler die Einführung einer 32-Stunden-Woche. Von diesem Vorschlag distanziert sich Draxl jedoch: „Eine unmittelbare Arbeitszeitreduktion kann ich mir nicht vorstellen. Im Dienstleistungsbereich gibt es nicht die Effizienz, dass man in 32 Stunden seine Patient:innen betreuen kann. Das würde in der Folge ein Vielfaches an Arbeitskräften verlangen, die wir nicht haben.“


Dir hat dieser Beitrag besonders gut gefallen oder du hast Hinweise für uns - sag uns deine Meinung unter feedback@wienerzeitung.at. Willst du uns helfen, unser gesamtes Produkt besser zu machen? Dann melde dich hier an.


Infos und Quellen

Gesprächspartnerin:

Ein Pressefoto von AMS-Vorständin Petra Draxl
AMS-Vorständin Petra Draxl
© © AMS Österreich / Tanja Hofer

Petra Draxl ist seit 1. Juli die Vorständin des AMS. Zuvor leitetet sie 11 Jahre lang das AMS Wien und war im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz als Abteilungsleiterin für den Europäischen Sozialfonds, den Europäischen Globalisierungsfonds und das OECD Leedprogramm zuständig.

Quellen:

  • Aus dem Archiv der Wiener Zeitung vom 12. Juli 1895 auf Seite 14:

    Viele offene Stellen, für die Menschen aus dem Ausland angeworben wurden, gab es immer wieder. Gastarbeiter aus der Türkei und Jugoslawien in den 1960er Jahren oder Menschen aus den tschechischen Gebieten der k. u. k. Monarchie im 19. Jahrhundert. Die Arbeitsplätze sollten schnell besetzt werden, über die sozialen Herausforderungen machte man sich keine Gedanken. Das führte immer wieder zu Vorurteilen und Feindseligkeiten. Am 12. Juli 1895 berichtete die Wiener Zeitung über die Sitzung des Abgeordnetenhauses im Reichsrat. Thema war die Komensky-Volksschule in der Quellenstraße im 10. Wiener Gemeindebezirk. Sie wurde von den Kindern tschechischer Arbeiter:innen besucht.

    Der Abgeordnete Hauck von der Deutsch-Nationalen Partei sagte: „Früher, bevor die Tschechen mit ihren Bestrebungen hervortraten, habe im 10. Bezirke Frieden geherrscht. Es sei ein Versäumnis gewesen, dass die Leute nicht aufgeklärt wurden, was für Folgen der Besuch der Komensky-Schule für die Kinder haben müsse, da sie nicht genügend deutsch lernen.“

    Der Abgeordnete Kaizl entgegnete: „Besonders jetzt vor den bald beginnenden Wahlen wolle man den Wettlauf mit den extremen Parteien aufnehmen. Hierbei gehe die nationale und die soziale Unterdrückung Hand in Hand und man lasse sich vom nackten, brutalen Egoismus leiten.“

  • AMS Arbeitsmarktdaten

Das Thema in anderen Medien:


Habt ihr Fragen oder Vorschläge für unsere nächsten Folgen? Dann schickt uns eine Sprachnachricht über WhatsApp. Unsere Nummer lautet: +43 664 834 8344

Wir bitten um Feedback unserer Hörer:innen an feedback@wienerzeitung.at