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053 - Männer, ab in den Kindergarten!

In seinem ursprünglichen Job hätte er mehr verdient. Aber Florian Radowisch hat bald erkannt, dass er ihm nicht so viel Spaß macht wie seine eigentliche Berufung: Er will Kindergärtner werden. Warum er sich mit 27 Jahren als Elementarpädagoge ausbilden lässt und welche Höhen und Tiefen die Arbeit im Kindergarten zu bieten hat, erzählt er in dieser Folge des WZ-Podcasts „Weiter gedacht“.

30 Min

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Florian hat die Buchhaltung gegen den Kindergarten getauscht.
© Illustration: WZ

Österreichs Kindergärten haben zu wenig Personal: Bis zum Jahr 2030 könnte sich eine Lücke von fast 14.000 fehlenden Fachkräften auftun, bei einer Verbesserung der Betreuungsschlüssel wären es sogar 20.000. Wer dabei am meisten fehlt, sind Männer. Deren Anteil am Kindergartenpersonal liegt nämlich immer noch im unteren einstelligen Prozentbereich. Dabei wären nicht nur männliche Bezugspersonen so wichtig für die Kleinsten, sondern vermutlich würde ein höherer Männeranteil auch dafür sorgen, dass dieser „Frauenjob“, als der die Elementarpädagogik immer noch wahrgenommen wird, besser bezahlt würde. Denn es ist wohl in erster Linie das niedrige Gehalt, das Männer abschreckt.

Kindergärtner Florian Radowisch im WZ-Podcast
Florian Radowisch (r.) im Gespräch mit WZ-Podcast-Host Mathias Ziegler.
© Copyright: WZ/Petra Tempfer

Das sagt auch der 27-jährige Florian Radowisch, der trotzdem die Ausbildung zum Elementarpädagogen macht. Dabei könnte er in seinem ursprünglichen Job als Buchhalter wesentlich mehr verdienen. Weil er aber eine sinnstiftendere Arbeit leisten will, hat er umgesattelt. Und er hofft, dass seinem Beispiel mehr Männer folgen werden. Durch die Folge führt WZ-Host Petra Tempfer gemeinsam mit Mathias Ziegler, der das Gespräch mit Florian Radowisch geführt hat.

Produziert von „hört hört!“.


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Infos und Quellen

Gesprächspartner

Florian Radowisch war schon als Jugendlicher bei den Roten Falken erst Mitglied und dann in der Kinderbetreuung aktiv. Zunächst hat er allerdings eine Lehre als Bürokaufmann gemacht und einen Job in der Buchhaltung des Wiener Magistrats bekommen. Doch bald kam der Punkt, an dem ihm klar wurde: Sein Traumjob ist ein anderer, nämlich Kindergärtner. Jetzt absolviert er das vom waff (Wiener Arbeitnehmer*innen Förderungsfonds) angebotene zweijährige „Jobs PLUS Ausbildung“-Programm an der BAfEP 8 (Bildungsanstalt für Elementarpädagogik im 8. Bezirk).

Daten und Fakten

In Österreich gibt es mehr als 4.500 Kindergärten mit rund 374.000 Kindern. Damit besuchen etwa zwei Drittel aller Kinder bis fünf Jahre einen Kindergarten, bei den Einjährigen sind es bereits 30 Prozent, bei den Fünfjährigen fast alle (aufgrund des verpflichtenden, aber kostenlosen letzten Kindergartenjahres), nämlich 97,4 Prozent. Mehr als 67.000 Personen sind in Kinderbetreuungseinrichtungen (Krippen, Kindergärten, Horte) beschäftigt – nur zwei bis fünf Prozent (je nach Zählweise) des Kindergartenpersonals sind männlich, in den Horten beträgt der Männeranteil etwa zehn Prozent.

Schon jetzt gibt es in den Kindergärten zu wenig Personal. Bis 2030 könnte sich die Situation weiter verschärfen: Laut einer Studie der Uni Klagenfurt und des Instituts für Berufsbildungsforschung (öibf) im Auftrag des Bildungsministeriums könnten im Jahr 2030 rund 13.700 Fachkräfte fehlen, bei besseren Betreuungsschlüsseln sogar 20.200. Die Hauptgründe dafür: Einerseits wird in den kommenden zehn Jahren mehr als ein Viertel des Personals in Pension gehen. Andererseits suchen sich viele BAfEP-Absolvent:innen nachher einen anderen, besser bezahlten Job. Und auch unter jenen, die derzeit in Kindergärten arbeiten, wollen 15 Prozent in absehbarer Zeit den Beruf wechseln. Unter den Jüngsten geht nur jede:r Vierte davon aus, bis zur Pension im Kindergarten zu bleiben. Neben dem verhältnismäßig niedrigen Gehalt liegt das vor allem an zu wenig Wertschätzung, psychischer Belastung durch die Arbeit und zu großen Gruppen, in denen die Betreuungskräfte das Gefühl haben, nicht allen Kindern gerecht werden zu können.

Das durchschnittliche Einstiegsgehalt als Kindergärtner:in liegt zwischen 27.000 und 30.000 Euro brutto im Jahr, das sind netto in etwa zwischen 1.500 und 1.700 Euro im Monat.

Wer im Kindergarten arbeiten möchte, hat verschiedene Ausbildungsoptionen:

  • An den Bildungsanstalten für Elementarpädagogik (BAfEP) wird eine fünfjährige Ausbildung mit Reife- und Diplomprüfung angeboten.

  • Alternativ kann man nach Matura, Studienberechtigungs- oder Berufsreifeprüfung ein zweijähriges BAfEP-Kolleg mit Diplomabschluss absolvieren, für das es auch eine berufsbegleitende Variante gibt, die fünf bis sechs Semester dauert.

  • Außerdem gibt es eine dreijährige Fachschule für pädagogische Assistenzberufe, an die man einen ebenfalls dreijährigen Aufbaulehrgang für Elementarpädagogik mit Reife- und Diplomprüfung anschließen kann, die dem BAfEP-Abschluss gleichwertig ist.

  • Man kann Elementarpädagogik auch an einer Pädagogischen Hochschule studieren – die Zielgruppe für diese zwei bis acht Semester dauernden Hochschullehrgänge sind Quereinsteiger:innen aus dem Schulbereich.

  • Die Universität Graz bietet das Studium „Elementar+. Early childhood education and care+“ an, das sechs Semester dauert und sich an Personen mit elementarpädagogischer Praxis ohne umfassende Ausbildung sowie an interessierte Quereinsteiger:innen richtet.

  • Ebenfalls an der Universität Graz gibt es das Masterstudium Elementarpädagogik, das vier Semester dauert.

Details zu den verschiedenen Ausbildungswegen sind im Internet hier zu finden. Das „Jobs PLUS Ausbildung“-Programm des waff richtet sich an Personen, die derzeit auf Jobsuche sind oder vor einer beruflichen Veränderung stehen. Das Angebot ist kostenlos, und währenddessen gibt es das Wiener Ausbildungsgeld (inklusive AMS-Geld mindestens 1.400 Euro monatlich), und schon bei der Anmeldung haben die Bewerber:innen eine fixe Jobzusage in der Tasche. Die Theoriestunden finden in der BAfEP 8 oder der BAfEP 10 statt, mögliche Arbeitgeber sind Casa Leben, Diakonie Bildung, kindercompany, KIWI Kinder in Wien, St. Nikolausstiftung und Wiener Kinderfreunde. 153 Personen haben sich bisher für diese zweijährige Ausbildung angemeldet, 39 sind im Juni 2024 fertig geworden. Zusätzlich gibt es eine dreijährige Teilzeitausbildung für Personen mit Betreuungspflichten (Montag bis Freitag von 8 bis 14:30 Uhr). Bewerbungen dafür sind ab sofort möglich.

Quellen

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