005 - Warum es kaum lustige Komödien gibt
- Mit
- Petra Tempfer
Menschen lachen über komplett andere Dinge. Über Komödien in den seltensten Fällen. Um herauszufinden, warum das so ist und es daher kaum lustige Komödien gibt, hat WZ-Redakteurin Petra Tempfer wieder den Musik- und Theaterwissenschafter Edwin Baumgartner zu Gast, der auch Redakteur bei der WZ ist. Das Fazit: Selbst Slapstick funktioniert nicht immer, es besteht allerdings Hoffnung – denn es gibt sehr wohl Theaterbühnen, die gute Komödien und damit Lacher garantieren.
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Eine Komödie im Theater anzuschauen, ist für viele eine Tragödie – deshalb gehen sie gleich gar nicht hin. Aber warum ist es so schwierig, Komödien auf die Bühne zu bringen, die wirklich lustig sind? Dafür gibt es mehrere Gründe, sagt der Musik- und Theaterwissenschafter Edwin Baumgartner im Gespräch mit Host Petra Tempfer. Vor allem liegt es daran, dass Humor etwas ganz Individuelles ist. Was bei dem einen funktioniert, findet der andere überhaupt nicht lustig.
Ernste Stücke sind leicht. Jeder kann jederzeit etwas Ernstes aus dem Hut zaubern: Eine Familie, die zerbricht, eine alleinerziehende Mutter von drei Kindern, die an einer unheilbaren Krankheit stirbt, ein unschuldig Verurteilter und so weiter. Natürlich kommt es auch bei den ernsten Stücken auf die Durchführung an. Aber allein schon durch die tragischen Grundkonstellationen bleiben sie ernst. Komische Grundkonstellationen gibt es nicht. Das Gegenteil von Tod wäre Leben, Leben ist aber nicht automatisch lustig. Dasselbe mit Unglück und Glück: Ein entgleister Zug ist ernst, selbst, wenn niemand verletzt wird. Ein Lottogewinn und ein:e glückliche:r Gewinner:in machen aber noch keine Komödie. Und wenn jemand auf der Bühne auf einer Bananenschale ausrutscht, ist das auch nicht unbedingt zum Lachen.
Es besteht aber Hoffnung. Es gibt klassische, vor allem aber auch einige junge Komödien, die lustig sind - zum Teil wurden sie sogar verfilmt. Auf der Bühne wird man zum Beispiel im Theater in der Josefstadt oder in der Komödie am Kai „gut bedient“, wie Baumgartner es nennt. Was das konkret bedeutet, sollte man zumindest versuchen, herauszufinden, denn eine gelungene Komödie sei „eine Seelenmassage der besonderen Art“.
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Infos und Quellen
Genese
Wer geht gerne für eine Komödie ins Theater? WZ-Redakteurin Petra Tempfer nicht unbedingt - sie findet sie selten lustig. Dass alle über dasselbe lachen, ist generell schwierig. Auf der Suche, ob es ein Rezept für die perfekte Komödie gibt und nach Geheimtipps für Szenen, über die einfach jeder lachen muss, hat Petra Tempfer wieder Kultur-Experten Edwin Baumgartner eingeladen.
Gesprächspartner
Edwin Baumgartner hat Musik-, Theaterwissenschaft und Komposition studiert. Seit mehr als 30 Jahren ist er bei der WZ als Redakteur tätig. Seine Kompositionen wurden in Europa und Asien aufgeführt. Zusätzlich hat er zwei Bücher geschrieben, die im Claudius-Verlag herausgekommen sind: „Schmäh“ und „Wiener Wahn“ befassen sich mit den Untiefen der Wiener Seele; zusammen mit den Autorinnen Doris Kloimstein und Ingrid Schramm hat er bei Goldegg den Band „Nennen wir ihn Rumpelstilzchen“ mit kuriosen Geschichten über Schriftsteller:innen herausgebracht.
Daten und Fakten
gute Komödien:
„Der zerbrochne Krug“ von Heinrich von Kleist
„Der Gott des Gemetzels“ von Yasmina Reza
„Die lustigen Weiber von Windsor“ von William Shakespeare (nur in Englisch)
„Alle sieben Wellen“ von Daniel Glattauer (als Teaser von der Komödie am Kai)
„Die Wunderübung“ von Daniel Glattauer (Verfilmung, kostenpflichtig)
Theaterbühnen-Tipps für gute Komödien:
Quellen
Archiv:
Aus dem Archiv der Wiener Zeitung vom 27. September 1788 (Seite 12):
Der Schauspieler und Gründer des Theaters in der Josefstadt Karl Mayer schrieb in der Wiener Zeitung folgende Ankündigung: Allen hohen gnädigen und gütigen Gönnern, Beförderern und Freunden der deutschen Schauspielen, wie auch dem ganzen verehrungswürdigen Publikum machet Endesbenannter hiedurch öffentlich bekannt, dass sein in der Josefstadt auf der Kaiserstraße Nr. 93 mit gnädiger Bewilligung ganz neu erbautes Schauspielhaus nunmehr so weit gediehen, dass er dasselbe gegen dem Ende des Oktobers eröffnen zu können imstande ist. Er schmeichelt sich mit der angenehmen Hoffnung, alles angewendet zu haben, was ihn des Beifalls der edlen Bewohner Wiens und Kennern würdig machen kann. Die Neuheit aller Dekorationen und Kleider wird das Aug der Anwesenden ergötzen.
Das Thema in der WZ
„König Ödipus" von Sophokles ist auch Thema unseres Podcasts "#10 Sommer, Sonne und ein Mord" mit Edwin Baumgartner zu Gast bei Host Petra Tempfer.
Das Thema in anderen Medien
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