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065 - „Wir verurteilen keinen, den wir vom Berg holen“

Ob Lawinenverschüttete, Verirrte oder verletzte Kletterer und Kletterinnen: Wer auf dem Berg Hilfe braucht, bekommt sie. Freiwillig und rund um die Uhr sind rund 13.000 Kamerad:innen der Bergrettung zur Stelle, darunter rund 1.000 Frauen. Eine von ihnen ist die 34-jährige Volksschullehrerin Karin Huber, die in ihrer Freizeit seit fünf Jahren in Mühlbach am Hochkönig (Salzburg) bei jedem Wetter ausrückt, um Personen zu bergen.

29 Min

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In der Bergnot werden alle Menschen gleich behandelt. Wer Hilfe braucht, bekommt sie.
© Illustration: WZ, Bildquelle: Midjourney

In dieser Folge des WZ-Podcasts „Weiter gedacht“ erzählt Karin, warum sie mit 19 Jahren zur Bergrettung gegangen ist, was man dafür alles können muss und wo ihre persönlichen Grenzen sind. Sie beantwortet auch die Frage, welche Einsätze besonders schwierig oder belastend sind, und wie sie damit umgeht, wenn alpine Notfälle durch puren Leichtsinn verursacht wurden. Denn eines darf man nie vergessen: Die Bergretter:innen sind allesamt Ehrenamtliche, die kein Geld dafür bekommen, dass sie sich selbst in Gefahr begeben, um andere sicher vom Berg herunterzuholen.

Ein Foto von Bergretterin Karin Huber und Mathias Zielger von der WZ während der Podcastaufnahme.
Bergretterin Karin Huber im Gespräch mit WZ-Host Mathias Ziegler.
© Fotocredit: WZ

Durch die Folge führen die WZ-Hosts Petra Tempfer und Mathias Ziegler, der Karin in Salzburg getroffen hat.

Produziert von „hört hört!“.

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Infos und Quellen

Genese

Sein jüngster Skiurlaub in Salzburg war für WZ-Redakteur Mathias Ziegler eine gute Gelegenheit, eine Bergretterin zu treffen und ihr eine Frage zu stellen, die ihn schon lang beschäftigt: Wie geht sie damit um, dass viele Rettungseinsätze am Berg durch puren Leichtsinn verursacht werden? Warum nimmt sie einen beschwerlichen und gefährlichen Aufstieg auf sich, um nicht nur Personen zu bergen, die trotz größter Vorsicht verunfallt sind, sondern auch solche, die das Risiko falsch eingeschätzt oder gar bewusst in Kauf genommen haben? Herausgekommen ist ein spannendes Gespräch über Gefahren am Berg und alpine Höchstleistungen der Rettungskräfte.

Gesprächspartner:innen

Daten und Fakten

  • Der Alpinnotruf lautet in Österreich 140 (europaweit gilt die Notrufnummer 112).

  • Die Bergrettung in Österreich ist fast 130 Jahre alt. Sie wurde in Wien gegründet, nachdem im Jahr 1896 auf der Rax am Reistalersteig bei einem Lawinenunfall mehrere Personen ums Leben gekommen waren. Österreich war hier ein weltweiter Vorreiter. Der Alpine Rettungsausschuss Wien, aus dem ein Jahr später das Rettungskomitee wurde, war die erste offizielle Bergrettung der Welt. Im Zweiten Weltkrieg beziehungsweise im Nationalsozialismus gab es eine Zäsur, aber zwischen 1947 und 1950 wurden die sieben Landesorganisationen neu gegründet, ebenso der Bundesverband als Dachorganisation. Das Burgenland hat keine eigene Landesorganisation, Wien bildet eine gemeinsame mit Niederösterreich. Es gibt übrigens auch eine Ortsstelle in Wien, deren Einsatzgebiet aber der Schneeberg ist. Und es gab einmal ein Bergrettungstelefon am Südbahnhof.

Männer und Frauen der Bergrettung suchen bei einer Übung der Bergrettung mit Sonden nach Lawinenverschütteten.
Bergretterin Karin Huber (ganz rechts) bei einer Einsatzübung (Sondensuche nach Lawinenverschütteten).
© Bergrettung St. Johann/Martin Stifter
  • Heute gibt es knapp 13.000 freiwillige Bergretter:innen in Österreich, davon etwas mehr als 1.000 Frauen. Sie bringen rund 10.000 Personen pro Jahr sicher vom Berg – ein Viertel davon betrifft Unverletzte. Grundsätzlich gilt: Wer einen Einsatz verursacht, bekommt diesen in Rechnung gestellt. Warum der Unfall passiert ist, wird nicht unterschieden. Und bei der Rechnungslegung wird auch kein Unterschied gemacht, ob und welche Versicherung die zu bergende Person hat. Die Sozialversicherung übernimmt hier jedenfalls keine Bergekosten, die ganz unterschiedlich hoch sein können: Sitzt zum Beispiel jemand bloß irgendwo im leicht zugänglichen Gelände fest und kann mit einer kleinen Fahrzeugbesatzung abgeholt werden, ist mit etwa 150 Euro zu rechnen. Der durchschnittliche Standardeinsatz liegt laut dem Bundesverband der Bergrettung bei ungefähr 500 Euro. Ein Großeinsatz, bei dem mehrere Ortsstellen zum Einsatz kommen, zum Beispiel große Suchaktionen nach Lawinen im Gelände, kostet um die 1.000 Euro. Und muss ein Hubschrauber hinzugezogen werden, ist mit mehreren tausend Euro an Einsatzkosten zu rechnen. Aussuchen kann man sich das nicht: Wird der Alpinnotruf 140 gewählt, entscheidet die Leitstelle, welche Rettungskräfte entsandt werden. Wer sich finanziell absichern möchte, kann das mit dem Schutzbrief des ÖAMTC oder dem Sicherheitspass des ARBÖ tun – oder förderndes Mitglied der Bergrettung werden. Ab 36 Euro Mitgliedsbeitrag pro Jahr gibt es vollen Schutz am Berg bis 25.000 Euro Einsatzkosten. Martin Gurdet, Sprecher des Österreichischen Bergrettungsdienstes, betont dazu: Kein:e Bergretter:in bekommt für den Einsatz Geld. Was hereinkommt, fließt in Ausbildung, Ausrüstung und Infrastruktur. Daneben lebt die Bergrettung von fördernden Mitgliedern und Spenden sowie öffentlicher Unterstützung.

Der Rucksack von Bergretterin Karin Huber.
Ein Blick in Karins Bergrettungsrucksack, der je nach Einsatz gut 10 bis 15 Kilo wiegt.
© Fotocredit: Karin Huber
  • Wer Bergretter:in werden möchte, muss mindestens 18 Jahre alt sein oder ab 16 Jahren die Einwilligung der Eltern haben, Klettern im mindestens dritten Schwierigkeitsgrad im Vorstieg sowie in jedem Gelände bei allen Schneebedingungen sicher Ski fahren können. Die kostenlose Ausbildung umfasst mehrere Module, die innerhalb von fünf Jahren absolviert werden sollten, wobei es ein Probejahr gibt.

Quellen

Das Thema in anderen Medien