"Ich liebe die Bretagne, ich finde hier Wildheit und Primitivität. Wenn meine Holzschuhe auf dem Granit klappern, höre ich den dumpfen, dunklen und starken Ton, den ich in meinen Bildern zu erreichen suche", schrieb Paul Gaugin seinem Freund Emile Schuffenecker 1888 aus Pont-Aven, in der Landschaft Finistère. Am 8. Mai 1903 ist Paul Gauguin in Atuona auf der Marquesas-Insel Hiva Oa gestorben. Seine Bilder aus Tahiti haben ihm zu Weltruhm verholfen, wenig

bekannt ist allerdings, dass er in der Bretagne zu seinem so typischen Stil gefunden hat, und zwar in den Jahren von 1886 bis 1894. In dieser Zeit verbrachte Gauguin neben seinen Besuchen bei Vincent van Gogh in Arles immer wieder die Sommer in der Süd-Bretagne. Hier befreite er sich von seinen impressionistischen Anfängen und fand zu einem freien Umgang mit Farben und Formen.

Die Künstlerkolonie im Süden der Bretagne

Im Jahr 1886 kam der ehemalige Börsenkaufmann zum ersten Mal in die Bretagne. Vier Jahre zuvor hatte er wegen eines Börsenkrachs seine Arbeit verloren und diesen Umstand als einen Wink des Schicksals verstanden, um sich von nun an seiner eigentlichen Bestimmung, dem Malen voll und ganz zu widmen. Er war zu dieser Zeit verheiratet und Vater von fünf Kindern. Seine dänische Frau Mette Gad wollte ihm auf diesem Weg nicht folgen; es kam aufgrund der permanenten pekuniären Sorgen zum Bruch. Mette kehrte mit ihren Kindern zu ihrer Familie zurück und Gauguin machte sich auf den Weg in die Bretagne. Er wollte nur eines: "In einer Herberge absteigen in einem bretonischen Nest, Gemälde malen und sparsam leben. In der Bretagne lebt man noch am billigsten."

Das bretonische Nest, in dem Paul Gauguin mehrere Sommer und auch Wintermonate höchst sparsam verbrachte, war Pont Aven. Hier fand er die Ruhe, um sich ausschließlich der Malerei zu widmen, bestätigt Catherine Puget. Die in Nantes geborene Kunsthistorikerin lebte lange Zeit in Paris, bevor sie wieder zurück in die Bretagne kam, um am Aufbau eines Museums in Pont-Aven mitzuarbeiten. Pont-Aven wählte Gauguin außerdem, weil sich hier schon Jahre zuvor so etwas wie eine Künstlerkolonie um den Amerikaner Robert Wylie entwickelt hatte. Denn Gauguin suchte zwar die Ruhe des ländlichen Lebens, wollte sich aber künstlerisch austauschen, suchte den Kontakt zu anderen Malern und liebte die Diskussion. Da war er in Pont- Aven am richtigen Ort. "Meine Malerei löst große Diskussionen aus und ich muss sagen sie findet eine günstige Aufnahme bei den Amerikanern, Das ist meine Hoffnung für die Zukunft . . . ich arbeite hier viel und mit Erfolg. Man respektiert mich hier als stärksten Maler von Pont-Aven."

Gauguin kam in der Pension Gloanec unter. Heute ist diese Pension das "Maison de la Presse", in dem man sich mit Papierwaren Zeitschriften, Kalender und jede Menge Literatur über die Maler der Bretagne eindecken kann. Sie liegt im Zentrum des schmuck herausgeputzten Pont-Aven: Die Fassaden sind renoviert, einige Gedenktafeln und Statuen erinnern an die prominenten Gäste, die Mühlen entlang der Aven wurden teilweise in Restaurants umgewandelt, die bretonische Meeresfrüchte auf der Speisekarte haben und etliche Läden bieten Waren aus der Bretagne an, zum Beispiel die berühmten Butterkekse. Die Galettes, zubereitet mit bretonischer, gesalzener Butter nach traditionellem Rezept. Sie werden heutzutage tonnenweise in Blechdosen mit Motiven von Gauguin - zumeist an Touristen - verkauft.

Geburtsstätte des Synthetismus

Im Hotel Julia und in der Pension Gloanec wohnten die Künstler, ihre Diskussionen führten sie im "Café des Arts". Diese kleine Lokal neben der Bäckerei in der Straße, die nach Quimperle führt, existiert noch immer. Es floriert, erzählt die neue Besitzerin, die es vor einem Jahr übernommen hat. Während des Winters ist es ruhig, aber im Sommer gehen die Geschäfte gut. Hier trafen sich Paul Gauguin, Emile Bernard, Charles Lavalle, Paul Serusier und die anderen Maler der so genannten Schule von Pont- Aven und entwickelten die philosophischen Konzepte zu ihrer Kunst. Emile Benard, der bereits mit 18 Jahren als Maler Beachtung fand und auch mit Vincent van Gogh befreundet war, machte Gauguin mit den Ideen des Synthetismus vertraut. Dieser neue Stil war eine Absage an den Impressionismus, eine bewusste Vereinfachung der Linien, Formen und Farben. Das Wesentliche wurde durch Vereinfachung und flächige Darstellung betont, man verzichtete zunehmend auf die Perspektive und die Umrisse wurden betont. Zum Schlüsselwerk dieser neuen - kurzen aber heftigen - Bewegung in der Kunst wurde der "Talisman" , ein Bild von Paul Serusier.

Dieses Bild, gemalt auf dem Deckel einer hölzernen Zigarrenkiste, lässt sozusagen die Essenz des Synthetismus erkennen. Es entstand im "Bois d'amour", in einem Buchenwald gleich am Dorfausgang. Dorthin kann man auch heute noch gelangen, wenn man zunächst entlang der Aven spaziert und dann einen kleinen Hügel hinauf in Richtung der Kapelle von Trémalo geht.

Zu dieser Kapelle aus dem 17. Jahrhundert wanderte der oft extrem gekleidete Paul Gauguin oft. Er genoss den Weg durch die Buchenallee auf einem Hochplateau mit Feldern und weit verstreuten Gehöften. Er verbrachte viele Stunden in der Kapelle von Trémalo mit ihren Spitzbögen, naiven bemalten Holzfiguren und Querbalken mit Drachenköpfen. Das Kruzifix mit eine hageren lang gestreckten Christusfigur hat Gauguin später zweimal als "Le Christ