Frauengefängnis Schwarzau: Theaterspielen sollte Resozialisierung fördern. Foto: pfoff
Frauengefängnis Schwarzau: Theaterspielen sollte Resozialisierung fördern. Foto: pfoff

"Wir hatten seitens des Ministeriums keinerlei Einschränkungen bei der Ensemble-Zusammenstellung", erzählt "Wiener Vorstadttheater"-Regisseur Manfred Michalke, der das Projekt der damaligen Justizministerin Berger bei einem Besuch in Österreichs einziger Frauenhaftanstalt in der Schwarzau, NÖ/Bez. Wr. Neustadt, vorstellte.

Neben Schwarzauer Frauen wollte Michalke auch junge Häftlinge aus der nahen Jugendstrafanstalt Gerasdorf am Steinfelde als Darsteller einsetzen. Da Resozialisierungsmaßnahmen fixer Bestandteil des heimischen Strafvollzuges sind, sagte Berger zu.

Bühne als Spiegelbild

Im September 2008 begannen die Proben zu "Gerettet", einem Theaterstück des britischen Dramatikers Edward Bond (geb. 1934 in London). Insgesamt zehn Häftlinge begannen, sich in ihre Rollen hineinzuleben. "Es geht dabei um Gewalt an Kindern, um Jugendbanden, desolate Familien und seelische Verwahrlosung; ein idealer Stoff zur Selbstreflexion junger Straftäter, die sich in den Rollen selbst erkennen", erklärt Michalke das Konzept "Prävention durch Reflexion". Die Einnahmen sollten einem Gefangenen-Resozialisierungsverein zugute kommen.

Trotz nicht immer idealer Bedingungen machten die Proben gute Fortschritte, Anstaltsleitung und Justizwachebeamten gefielen sich zunehmend als Kulturmanager. "Es entwickelte sich echtes Zusammengehörigkeitsgefühl und eine sehr professionelle Arbeitsweise", sagt der Regisseur. Neben Kunstministerium und Land Niederösterreich unterstützten Burgtheater, Theater an der Wien sowie Theater in der Josefstadt die Produktion als Sponsoren.

So gelang es auch, das Stück an namhaften Bühnen zu placieren: Die St. Pöltener Bühne im Hof, das Wiener Theater Akzent und das Stadttheater Berndorf führten "Gerettet" für September am Spielplan. Laut Michalke "waren in Berndorf zwei Abende bereits im Vorverkauf ausverkauft".

Umso härter schlug die Nachricht aus dem Justizministerium (BMJ) ein: Vier der Darsteller dürfen aufgrund ihres Strafmaßes (Verurteilung wegen Mordes) nicht außerhalb einer Justizanstalt auftreten. "Wir haben Herrn Michalke bereits im März mitgeteilt, dass er die betreffenden vier Schauspieler eben auszutauschen muss", sagt Ministersprecherin Katharina Sowoboda, die nicht versteht, dass dies nun sogar über die Medien abgehandelt werde. Schließlich sei es "unmöglich, solche Leute bei Auftritten in öffentlichen Theatern ausreichend zu bewachen". Zudem sei es therapeutisch hinterfragenswert, "ob Mörder Mörder spielen sollen".

Wie Michalke kontert, sei ein entsprechender Weisungs-Brief erst Ende April an die Gefängnisleitung ergangen, "wobei es wurscht ist, denn auch im März wäre es schon zu spät gewesen, weil ich ein Ensemble, das schon acht Monate zusammen probt, nicht so ohne weiteres auseinander reißen kann".

Verschieben unmöglich

Der Vorschlag des BMJ, die Aufführungen eben um zwei Monate zu verschieben, bis sich neue Schauspieler eingearbeitet hätten, erwies sich als unpraktikabel: Theaterbühnen erstellen ihre Spielpläne in der Regel bereits ein Jahr im Voraus und können fixierte Engagements nicht beliebig vertauschen. Fazit: Derzeit ist nur noch eine einzige Aufführung geplant - die Premiere in der Haftanstalt Gerasdorf am 17. September um 20 Uhr.

Einer der Unterstützer des Projektes, der Wiener Rechtsanwalt Nikolaus Lehner, ist empört und spricht von "einem offensichtlichen Politikum". Ein richtungsweisendes Projekt wie dieses dürfe doch nicht an der angeblich unmöglichen Bewachung Theater spielender Häftlinge scheitern.