Als im Herbst 1945 einmal die Mauer einer Bombenruine eingestürzt war, gelang es mir und meinem Bruder, einen abgebrochenen Holzbalken zu ergattern. Mühsam schleppten wir, sechs und fünf Jahre alt, die Beute heim. In der Liechtensteinstraße war noch ein "Holzstöckelpflaster". Statt Granit bestand der Belag aus Holz, darüber war geteert. Das war gutes Brennmaterial. Wer aber beim Stehlen der Straßenauflage erwischt wurde, ist streng bestraft worden. Kinder ließ man entkommen, so hatten wir einige Zeit Heizmaterial. Damals wurde buchstäblich die Straße verheizt.
Auch in der Schule war es
bitterkalt. Die Kinder saßen im Mantel - wenn sie einen hatten. Ich hatte gemeinsam einen mit meinem Bruder, Mutter hatte
einen alten Soldatenrock umgebaut. Viele Leute hatten damals Kleidungsstücke, die aus anderen Teilen zusammengenäht waren.
Manche Kinder kamen bloßfüßig. Auch im Winter, sie hatten keine Schuhe. Ich hatte ein Paar gemeinsam mit meinem Bruder. Die Sohle war aus alten Fahrradreifen geschnitten und mit Schnüren an den Fuß gebunden.
In der Klasse stand ein eiserner Ofen, daneben eine Kiste mit Brennmaterial. Von Zeit zu Zeit kam der Schulwart und legte ein Stück Holz nach, wenn er eines hatte. Der Unterricht wurde dadurch sehr gestört. Manchmal waren auch ein paar Stück Kohle da.
OStR Richard Zimmerl (Jg. 1939),
Pensionist,
1230 Wien