DAS Buch meiner Kindheit und Jugend war "Die Welt von A-Z", herausgegeben von Richard Bamberger. Es bot die erste Allgemeinbildung früher Jahre. Die ersten Blicke auf und in unsere Welt: Kunst, Kultur, Geographie, Geologie, Natur, Mathematik, Geometrie, Musik, Architektur, Literatur, Politik, Geschichte, Chemie, Physik, einfach über alle Wissensbereiche. Es gab Bilder, Fotos und Grafiken. Ich wurde nicht müde, darin zu blättern, zu lesen und zu staunen, was es nicht alles gibt. So wurden mir Namen Berühmter schon in der Kindheit ein Begriff. Hörte ich Franz Marc, fiel mir das "Blaue Pferd" ein, hörte ich Munch, dachte ich automatisch an "Der Schrei". So ging es weiter. "Die Welt von A-Z", der Computer des 20. Jahrhunderts - es ist noch immer schön, darin zu blättern.
Musste ich das Bett hüten, ging Oma zu Frau Müller auf die Einser-Stiege, um sich von deren Kindern Hefte auszuborgen. Die hatten immer die neuesten. Oma kam dann mit einem Stoß Micky Mouse, Fix und Foxi und wie sie alle hießen. Krank zu sein war diesbezüglich herrlich! In der Pubertät kamen Romane, sogenannte Schundhefte dazu, wie Wilton und Jerry Cotton mit Phil Decker.
Wir Nachkriegskinder konnten über viele wertvolle lehrreiche Bücher von ausgezeichneten Autoren und Illustratoren verfügen. Obwohl wir arm waren, führten uns die Bücher in eine fantastische bunte Welt. Die Kinderfreunde taten ein Übriges dazu, mit einem Gratis-Kinderbuch zu Weihnachten, und wie Frau Mag.a Angelika Pichler ("Hanni und Nanni") schrieb, hatte ihre Lehrerin sogar eine kleine Bibliothek für die Schüler. Meine Lieblingsschriftstellerin war Astrid Lindgren. Die Bücher unserer Kindheit waren das Wertvollste, was wir haben konnten.
Christine Kainz (Jg. 1949),
ehem. Buchhändlerin,
1120 Wien