Es war der 3. Juni 1961, der erste Tag des Gipfeltreffens zwischen dem Präsidenten der USA, John Fitzgerald Kennedy, und dem sowjetischen Regierungschef Nikita Sergejewitsch Chruschtschow. Ich stand an der Ecke der Unteren Augartenstraße und der Schreygasse, als sich eine Autokolonne in Richtung Augartenbrücke näherte.
Als Zehnjähriger hatte ich noch nie einen derartigen Konvoi von Fahrzeugen gesehen, noch dazu an der Spitze geleitet von "Weißen Mäusen" (so nannte man damals in Wien Polizisten mit weißen Helmen auf ihren weißen Motorrädern). Von den in den Fahrzeugen sitzenden Personen konnte ich natürlich niemanden sehen. Dennoch war ich ungemein beeindruckt und erzählte meinen Eltern davon.
In den Nachrichten im Radio konnten wir dann hören, dass im Rahmen des "Damenprogramms" für die Gattinnen der beiden Staatschefs eine Visite in der Porzellanmanufaktur Augarten vorgesehen war. Ich hatte also den Konvoi mit Jackie Kennedy und Nina Chruschtschewa bei der Rückfahrt von diesem Besuch gesehen.
Zwei Jahre später: Ich stand mit meinen Eltern bei der (damaligen) Stadtbahnstation Schottenring und wartete mit ihnen auf eine Straßenbahn der Linie 33 für die Heimfahrt. Ein Zeitungsverkäufer pries lautstark die Sonderausgabe seines Tagblattes an: "Präsident Kennedy ermordet!" Es war der 22. November 1963, als die Schüsse in Dallas fielen, welche John F. Kennedy töteten.
Ich erinnere mich, dass die Zeitung an diesem Tag nur wenige Seiten umfasste, welche Tageszeitung es war, weiß ich allerdings heute nicht mehr. Im Gedächtnis geblieben ist mir, wie betroffen und erschrocken alle Umstehenden waren und dass viele von ihnen, auch mein Vater, ein Exemplar des Blattes kauften.
Dr. Gerhard Jungmayer
(Jg. 1951),
AHS-Lehrer im Ruhestand,
1220 Wien