Ich bin in Wilhelmsburg/NÖ aufgewachsen. Mein Vater war an der russischen Front eingerückt gewesen und wurde vermisst.

Im Jahr 1946 oder 1947, als ich bereits die zweite Klasse Volksschule besuchte, kam die Nachricht, dass mein Onkel, der Bruder meiner Mutter, an einem bestimmten Tag nach 30-monatiger Gefangenschaft aus dem damaligen Jugoslawien zurückkommen sollte. Da meine beiden älteren Schwestern in St. Pölten im Gymnasium waren und meine Mutter an dem betreffenden Tag irgendwohin fahren musste, erhielt ich den Auftrag, Onkel Hans vor dem Unterricht von der nahegelegenen Autobushaltestelle abzuholen und in die Wohnung zu führen.

Ich hatte bloß eine vage Erinnerung an meinen Onkel - ein junger Mann, der bei meiner Großmutter in Rabenstein auf dem Sofa gesessen war. Ich ging also zu dem Bus, es stiegen mehrere Personen aus, doch jener junge Mann aus meiner vagen Erinnerung war leider nicht dabei. Also ging ich enttäuscht zur Volksschule.

Während des Unterrichtes wurde ich plötzlich hinausgerufen und vor der Klassen-Tür von einem mir gänzlich unbekannten Mann herzlich empfangen, der sich als Onkel Hans vorstellte. Ich hatte ihn beim Aussteigen vom Bus einfach nicht mehr erkannt.

Dr. Rudolf Klimesch, (Jg. 1940),

Pensionist,

5280 Braunau am Inn