Gemeinsam mit drei Freunden war ich im Sommer 1975 von Linz aus die Donau bis Turnu Severin hinunter gereist - und zwar auf einem floßartigen Gefährt, dessen Schwimmkörper aus zwei verrosteten Eisenzillen bestand, die wir instand gesetzt hatten. Von Rumänien hatten meine Begleiter die Heimreise angetreten, während ich die Donaureise für einen weiteren Tag bis Kladovo/Serbien genossen habe. Nachdem ich die rot-weiß-rote Fahne vom Mast geholt und einem Zöllner unser Gefährt für etwa 35 Euro verkauft hatte, ging es per Autostopp weiter bis Damaskus.

Damals war der Lkw-Verkehr durch das ehemalige Jugoslawien Richtung Istanbul beträchtlich, viele Fahrzeuge stammten von österreichischen Transportunternehmen. In der Hoffnung, einen österreichischen Lkw zu finden, der mich bis in die türkische Metropole mitnehmen würde, breitete ich die Fahne über meinen Rucksack; so sollte ich als Landsmann erkennbar sein. Tatsächlich hielt alsbald ein Lkw mit Salzburger Kennzeichen, mit dem ich bis zu einem großen Lkw-Standplatz bei Istanbul mitkommen konnte.
Warum ich meinen Rucksack mit einem Fetzen verhüllt habe, wollte der Lenker wissen. Meine Antwort, es handle sich um die österreichische Fahne, meinte er lakonisch: "Das kannst du dir sparen. Die kennt hier kein Mensch." Bei späteren Versuchen für Mitfahrgelegenheiten habe ich die Fahne nicht mehr verwendet.
In Damaskus hängte ich sie einmal kurz zum Fenster der billigen Spelunke hinaus, in der ich mit mehreren Irakern ein Zimmer teilte. Gute Dienste hat sie mir insofern noch geleistet, als ich sechs in Aleppo gekaufte Gläser darin einwickelte, von denen ich so eines heil bis Linz brachte.
Einer meiner drei Freunde, Sohn des damaligen Bürgermeisters von Ulrichsberg im Mühlviertel, hatte leihweise diese Fahne beigesteuert: Dort zierte sie lange das bürgermeisterliche Rednerpult - und tut dies wahrscheinlich heute noch. Womit diese Böhmerwaldgemeinde wohl die am weitesten gereiste Rednerpultfahne der Republik besitzen dürfte.
Johann Grabner,
Pensionist (Jg. 1955),
4040 Linz