In der Hauptschule war Handarbeit immer jenes Fach, das mir ein wenig Albträume verursachte. Was ich strickte, häkelte oder nähte, ging einfach immer irgendwie schief. Die anderen Mädchen in unserer kleinen ländlichen Gemeinde lieferten hingegen - möglicherweise mit versteckter mütterlicher Hilfe - regelrechte Bravourstücke ab.

Meine Mutter hasste aber Handarbeiten ungefähr so wie ich und sie konnte mir daher auch gar nicht helfen. Dementsprechend waren meine Werkstücke meist unfertig und manchmal ein wenig erbärmlich. Das Urteil der Lehrerin, einer strengen Frau, fiel harsch aus: "Das ist ja schlimmer als der Zweite Weltkrieg!"

In meinem weiteren Leben dachte ich oft schmunzelnd an ihren Vergleich zurück. Viel später, als Studentin, traf ich die inzwischen pensionierte Handarbeitslehrerin auf einer Begräbnisfeier wieder. Ich freute mich, denn sie war mir trotz ihrer Strenge immer recht sympathisch gewesen. Um die kleine Runde an unserem Tisch zu erheitern, erzählte ich auch die Anekdote aus der Schulzeit: Wie sie immer wieder meine Handarbeitsstücke als "schlimmer als der Zweite Weltkrieg" bezeichnet hatte.

Die Handarbeitslehrerin schlug da ihre beiden Hände vors Gesicht und brach beinahe in Tränen aus. "Mein Gott", rief sie, "was man zu einem Kind so alles sagt! Ich muss Sie wirklich um Verzeihung bitten."

Dabei verblüffte mich gleich zweierlei: ihre Reaktion, und dass sie mich auch noch siezte.

Mag. Barbara Zimmer,

Angestellte (Jg. 1967),

1160 Wien