1995 wurde ich Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus. Für mich als Tochter eines 1939 geflüchteten Juden und einer nichtjüdischen Mutter war dies auch persönlich eine Herausforderung.

Ich habe meinen Vater gefragt, was er sich vom Nationalfonds erwarte. Er sagte nur: Kannst du mir meine verlorene Jugend, meine ermordete Mutter aus Auschwitz zurückbringen?
Wenn also nichts wiedergutgemacht werden kann, wozu dann das alte Unrecht aufrühren? Antworten auf diese Frage habe ich in den vergangenen 23 Jahren bekommen: Fast 30.000 Überlebende haben späte Anerkennung erfahren. Viele haben heute wieder Kontakt mit ihrer alten Heimat. Ihre Lebenserinnerungen haben Österreich einen vergessenen Teil seiner Geschichte zurückgegeben, aus dem wir lernen können.
Besonders berührt hat mich der Brief einer Frau, die als Kind fliehen musste - sie schrieb: "Ich bin entwurzelt. Wo ich auch bin, sehne ich mich zurück - es ist wie Luftwurzeln, die sich nach Österreich ausstrecken . . ."
Mag. Hannah M. Lessing (Jg. 1963),
Generalsekretärin des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus,
1070 Wien