Wien. Dass die Hauptstadt des kleinen Österreich weltweit nicht nur als Musik-Stadt, sondern auch als Konditorei-Stadt bekannt ist, ist unter anderem der Konditorei "Demel" zu verdanken. Angefangen hat alles mit einem Deutschen - ausgerechnet. Direkt am Michaelerplatz eröffnet der Württemberger Ludwig Dehne 1786 die "Burgtheater-Zuckerbäckerei". Der Platz ist klug gewählt, denn direkt gegenüber liegt der Bühneneingang des "Nationaltheater nächst der k. k. Burg", des alten Burgtheaters.

Sieben Jahrzehnte lang führt die Familie erfolgreich die Konditorei, aber weil Ludwig Dehnes Urenkel mehr am Studieren als am Backen interessiert ist, geht der Betrieb in der Mitte des 19. Jahrhunderts an den Zuckerbäcker Christoph Demel, der dort damals bereits als Geschäftsführer wirkt.

Die Konditorei Demel wird zum angesagten Treffpunkt für Adel und Großbürgertum und unter Christoph Demels Söhnen Josef und Karl zum kaiserlich-königlichen Hoflieferanten. Fortan versorgt "der Demel" das Kaiserhaus mit Bäckereien.

Übersiedlung auf den Kohlmarkt

Weil 1888 im Zuge des Ringstraßenbaus und der Umgestaltung der Wiener Innenstadt das alte Burgtheater und einige andere Häuser abgerissen werden, übersiedelt die Konditorei auf den Kohlmarkt an ihre heutige Adresse. Die damals sehr erfolgreichen Innenarchitekten "Portois & Fix" erhalten den Auftrag, den neuen Demel zu gestalten. Das "Wiener Salonblatt" schreibt im Oktober 1888 anlässlich der Neueröffnung "von der geschmackvollen Prachtentfaltung, welche sich in jedem Detail des reizenden und geräumigen Salons mit seinen luxuriös eingerichteten Verkaufstischen (. . .) geltend macht".

Nicht nur in der Familie Sacher, sondern auch im Hause Demel bestimmt eine Frau namens Anna lange die Geschicke der Geschäfte: Anna Demel, Karl Demels Schwiegertochter, übernimmt 1917 die Geschäftsführung. In der Wiener Gesellschaft kommt Anna Demel damals direkt nach Anna Sacher. Sie tut alles dafür, um die Konditorei auch während und nach dem Krieg als Refugium der sogenannten guten Gesellschaft zu erhalten - selbst wenn das bedeutet, dass sie Strafe zahlen muss. Sie verstößt neben anderen Konditoren gegen das Schlagobers-Verbot, das im und nach dem Krieg wegen Knappheit herrscht. Sie lässt es sich auch nicht nehmen, weiterhin den Titel "k. k. Hoflieferant" zu tragen, obwohl solche Titel nach Ende der Monarchie per Adelsaufhebungsgesetz verboten werden.

Das monarchiefreundliche "Neue Wiener Journal" beschreibt den Demel 1929 als "Hofzuckerbäcker unserer besseren Zeiten". In demselben Artikel mit dem Titel "Die Konditorei der Wiener Aristokratie" heißt es: "Beim Demel ist man so ziemlich vor der unangenehmen Eventualität geschützt, seinen Kaffee in Gesellschaft von Leuten trinken zu müssen, von denen man nicht weiß, von wo sie herkommen." Noch heute bemüht man sich, den Mythos um den Hofzuckerbäcker aufrechtzuerhalten. Die Bedienung ist instruiert, das sogenannte Demeldeutsch zu verwenden. So werden die Kunden etwa in der dritten Person angesprochen.