"Als Führer und Kanzler der Deutschen Nation und des Reiches melde ich vor der Geschichte nunmehr den Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich!"
Mit diesen Worten beendete Adolf Hitler am Mittag des 15. März 1938 - einem Dienstag - die "Befreiungskundgebung" auf dem Heldenplatz in Wien vor angeblich 250.000 Menschen (die genaue Zahl ist nicht bekannt).
Hitler-Rede am Heldenplatz (Tondokument)
DÖW: NS-Herrschaft in Österreich
ZeitzeugInnen berichten vom "Anschluss" 1938
"Heim ins Reich!", "Ein Volk, ein Reich!", "Großdeutschland unsere Zukunft!" - so oder ähnlich lauteten schon 1918/19 die Parolen in Österreich. In den Augen vieler war Österreich damals nicht lebensfähig; der "Anschluss" an Deutschland schien der einzig mögliche Weg aus dem immer größer werdenden Elend zu sein. In der Verfassung des neu gegründeten Staates hieß es denn auch in Artikel 2: "Deutschösterreich ist ein Bestandteil der Deutschen Republik." Mit anderen Worten: Der neue Staat hielt sich schon in seiner Geburtsstunde für lebensunfähig - ein Makel, den er in den folgenden Jahren nicht mehr los wurde.
Am 2. März 1919 wurde in Berlin in einem geheimen Protokoll festgelegt, wie "mit tunlichster Beschleunigung" der Zusammenschluss der beiden Staaten durchzuführen sei: Demnach sollte Österreich als "selbständiger Gliedstaat" mit gewissen Sonderrechten Deutschland angeschlossen, in paritätisch besetzten Kommissionen die Angleichung der beiden Rechts-, Handels-, Verkehrs-, Unterrichts- und Sozialordnungen vorbereitet werden. Die Siegermächte des Ersten Weltkriegs beendeten diese Politik mit den Anschlussverboten in den Verträgen von Versailles (Deutschland) und St. Germain (Österreich).
Die "Anschluss"-Bewegung verlagerte sich in Folge auf die Länder, vor allem auf Tirol, Salzburg und die Steiermark. Am 24. April 1921 fand in Tirol eine Abstimmung statt, bei der 98,75 Prozent der abgegebenen Stimmen für den "Zusammenschluss" mit dem Deutschen Reich waren. Der Völkerbund gewährte Österreich im Oktober 1922 eine Anleihe, wobei sich die Republik aber erneut verpflichten musste, für die nächsten 20 Jahre "ihre Unabhängigkeit nicht aufzugeben".
Der "Anschluss"-Gedanke war damit trotzdem nicht tot. In den folgenden Jahren wurden in Deutschland und Österreich "Arbeitsgemeinschaften" und "Volksbünde" ins Leben gerufen, die bald mehrere hunderttausend Mitglieder zählten und massive "Anschluss"-Propaganda betrieben. 1931 ergriff Deutschland die Initiative, um mit Österreich eine Zollunion zu gründen. Das geheim betriebene Unternehmen scheiterte allerdings am Widerstand Frankreichs.