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5.000 mal Amtsmissbrauch

Von Daniel Bischof

© Benjamin Lefebvre/stock.adobe

Polizeimitarbeiterin wirtschaftete in die eigene Tasche: Zwölf Monate unbedingt.


Wien. Schulden habe sie angehäuft, in einer finanziellen Notlage sei sie gewesen, erklärt die Angeklagte. "Ich habe nicht gewusst, was ich tun soll." Gerade einmal die Fixkosten habe sie mit ihrem Gehalt von 900 Euro netto abdecken können. "Wenn dann das Geld vor einem liegt, ist das schon verlockend", erklärt sie.

Die 53-Jährige gab der Verlockung nach - und wurde am Dienstag am Wiener Straflandesgericht von einem Schöffensenat zu drei Jahren Haft, davon zwölf Monate unbedingt, verurteilt. Sie hatte in 4993 Fällen Amtsmissbrauch begangen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Langer Tatzeitraum

Die Frau arbeitete Teilzeit als Vertragsbedienstete bei der Landespolizeidirektion Wien. Sie war im Parteienverkehr auch für die Ausstellung von Strafregisterbescheinigungen zuständig. Parteien müssen dafür Gebühren zahlen - entweder bar oder mittels Bankomatkarte. Die 53-Jährige war über das Geld verfügungsberechtigt und fing im Jahr 2012 an, die Gebühren in die eigene Tasche zu stecken.

Jahrelang kam sie damit durch, erst 2018 flogen ihre Machenschaften auf. Der Landespolizeidirektion Wien war bis dahin ein Schaden von 102.000 Euro entstanden. "Gab es da niemand Zweiten, der sie kontrolliert hat?", erkundigt sich ein Schöffe. Es habe da schon eine zweite Teilzeitkraft gegeben, nicht immer hätten sich ihre Dienste aber überschnitten, sagt die Angeklagte.

Die genaue Schadenssumme konnte deshalb so genau ermittelt werden, weil die Angeklagte auf Listen jeden einzelnen Fall dokumentiert hatte. Auch hatte sie im Lauf der Ermittlungen ein überschießendes Geständnis abgelegt und Fälle zugegeben, die ihr gar nicht vorgeworfen worden waren.

Das Geld habe sie gebraucht, um etwa ihre Schulden und Fixkosten für die 90-Quadratmeter-Wohnung zu bezahlen, meint die Angeklagte. So habe sich mit der Zeit eine Stromrechnung von über 3500 Euro angehäuft. "Warum haben Sie sich nicht eine kleinere und günstigere Wohnung genommen?", fragt der vorsitzende Richter Wolfgang Etl. "Die Übersiedlung hätte auch wieder was gekostet. Das konnte ich mir nicht leisten", antwortet die Frau.

"Gerade noch das Auslangen"

Bei einem Strafrahmen von einem bis zehn Jahre Freiheitsstrafe findet der Schöffensenat mit der teilbedingten Haftstrafe "gerade noch das Auslangen", erklärt Etl. Zudem muss die hochverschuldete und arbeitslose Frau der Landespolizeidirektion den Schaden von 102.000 Euro zurückzahlen.

Der lange Tatzeitraum und der hohe Schaden seien erschwerend. Mildernd komme der Angeklagten ihre bisherige Unbescholtenheit, ihr bisher ordentlicher Lebenswandel, ihr umfassendes, reumütiges Geständnis und Alter über 50 zugute, hält Etl fest.