Wien. Herr G. hat ein Lieblingswort: korrekt. Immer wieder sagt er es an diesem Freitagvormittag in Saal 310 des Wiener Straflandesgerichts. Ob er dies und jenes gemacht habe, fragt die Richterin, das ist korrekt, antwortet G.; ob dann dies und das geschehen sei, will sie wissen, korrekt, sagt G.

Korrekt, korrekt, korrekt, schießt es aus seinem Mund, so wie überhaupt alles an diesem jungen Mann korrekt zu sein scheint. Höflich und präzise beantwortet er alle Fragen, kontrolliert sitzt er, in seinen dunkelblauen Anzug gekleidet, vor der Richterin. Der große, hagere Mann mit der schmalen Brille, er wirkt wie die Ruhe in Person.

Doch so stoisch sich der 19-Jährige auch gibt - explodiert er einmal, ist er zu verheerenden Taten fähig. Am 5. April zertrümmerte er ein Hotelzimmer, entwendete ein Auto und gaste zu einer Zerstörungsfahrt an, wobei er beinahe Menschen überfuhr. Polizisten, die ihn verfolgten und letztlich stoppen konnten, trugen schwere Verletzungen davon. Ein Beamter war nach dem Einsatz 68 Tage nicht mehr dienstfähig.

Familiäre Probleme

Die Tatbestände, wegen denen G. am Freitag am Wiener Straflandesgericht rechtskräftig zu 18 Monaten Haft, davon sechs Monate unbedingt, verurteilt wird, lesen sich wie ein Streifzug durch das Strafgesetzbuch: Betrug, vorsätzliche Gemeingefährdung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, (schwere) Körperverletzung, (schwere) Sachbeschädigung, Gefährdung der körperlichen Sicherheit, Diebstahl, Einbruchsdiebstahl. "Das steht im völligen Gegensatz zu seinem bisherigen Leben", sagt sein Verteidiger Andreas Rechenbach.

Seinen Ausgang hatte alles mit einem Hotelaufenthalt genommen. Ende März war der 19-Jährige in die Unterkunft in Niederösterreich gezogen. Er habe sonst keine andere Möglichkeit gehabt, sagt G. Der sonst so präzise sprechende Mann ringt nach Worten. Sein Stiefvater, ein Alkoholiker, habe ihn immer wieder geschlagen, zunächst sei er daher zu den Großeltern gezogen. Aber auch dort sei die Stimmung "negativ" und "problematisch" gewesen, weshalb er ins Hotel gezogen sei. Das Geld für die Übernachtungen hatte er nicht, wie G. zugibt: Der gelernte Tischler war seit Monaten arbeitslos.

"Ich war auf 180"

G. lud eine Bekannte zu sich ein, sie übernachtete bei ihm. Er verliebte sich in sie und überhäufte sie mit Geschenken. Um das Geld dafür aufzutreiben, verkaufte er seine wenigen Wertgegenstände - darunter eine Spielekonsole und gebrauchte Handys. "Nach dem Einkauf ist sie mit der Sprache rausgerückt", erzählt der junge Österreicher. Sie habe mit seinem besten Freund geschlafen und sei von dem Mann schwanger, habe sie ihm erzählt. "Frustsaufen" sei seine Reaktion darauf gewesen.