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Falsche Polizisten: Drei Jahre Haft für Hauptangeklagte

Von Daniel Bischof

Prozess gegen Betrügerbande, die Senioren um Millionenbeträge gebracht haben soll. Teilbedingte Haftstrafen für Mitangeklagte.


Es ist eine perfide Masche, mit der Betrüger in Österreich Millionenbeträge lukrieren. Die Bande gaukelt Senioren am Telefon vor, dass Einbrecher sie ins Visier nehmen. Daher werde ein Polizist vorbeikommen, der ihr Vermögen in Sicherheit bringe. Kurze Zeit später klopfen die falschen Beamten auch schon an der Tür. In dutzenden Fällen übergaben Betroffene Geld, Gold und Schmuck auf Nimmerwiedersehen an die Betrüger. Laut Ermittlern sollen die Ganoven mindestens 4,5 Millionen Euro an sich gerafft haben.

Sechs Personen, die in die Betrügereien verwickelt sein sollen, mussten sich am Donnerstag am Wiener Straflandesgericht verantworten. Darunter die Mutter und Schwester jenes Mannes, der als Kopf der Bande gilt. Der Türke lebte lange Zeit in Vorarlberg und arbeitete als Taxifahrer, nun soll er sich rund um Istanbul aufhalten. Von dort soll der Mann Personen anrufen, deren Namen auf ein höheres Alter hindeuten.

"Eine Jacqueline oder einen Justin wird niemand anrufen", so der Staatsanwalt. Den Opfern würde von den falschen Polizisten teils sogar das Geld weggenommen werden, das sie für ihr Begräbnis beiseitegelegt haben.

Die österreichischen Behörden können dem mutmaßlichen Bandenchef aber nichts anhaben, solange er in der Türkei bleibt. Der Grund: Österreich hat kein Auslieferungsabkommen mit der Türkei.

"Eine gewisse Naivität kann man ihnen unterstellen"

Die 55-jährige Mutter und 26-jährige Schwester des Mannes wurden aber im Februar 2020 in Wien festgenommen. Laut Anklage waren sie in die Stadt gekommen, um die bei den Gaunereien erbeuteten Wertgegenstände abzuholen und über Ungarn per Flugzeug in die Türkei zu bringen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Geldwäsche und kriminelle Vereinigung vor.

Die Frauen bekennen sich nicht schuldig. Mutter und Schwester seien von dem Bandenchef dominiert worden, so Verteidigerin Astrid Wagner: "Er hatte seine Mutter und seine Schwester in der Hand." Zwar sei man in der Familie aufgrund seines wirtschaftlichen Erfolges auch stolz auf den Mann gewesen. Zugleich habe man aber nie gedacht, dass er zu "solchen Machenschaften fähig ist", sagte Wagner. Vielmehr seien die Frauen davon ausgegangen, dass es sich um Geld aus legalen Unternehmungen handle: "Eine gewisse Naivität könnte man ihnen unterstellen."

"Sowohl meine Tochter als auch ich können erhobenen Hauptes sagen, dass wir nichts falsch gemacht haben", erklärte die Mutter. Sie sei nur nach Österreich gekommen, um sich um ihre Witwenpension zu kümmern. Geld aus Betrügereien habe sie nie entgegengenommen. Sie schäme sich für ihren Sohn, der den Namen der Familie befleckt habe.

Belastet werden Mutter und Tochter aber von den anderen vier Mitangeklagten. Etwa von einem 42-Jährigen, der gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn angeklagt ist. Er gab an, dass die falschen Polizisten die Beute bei ihm abgeliefert haben. Seine Frau habe das Geld gezählt, später habe der Bandenchef jemanden vorbeigeschickt, um es abzuholen, so der Mann. Einmal habe er auch der Mutter und Schwester einen hohen Geldbetrag übergeben.

Der 42-Jährige soll insgesamt mindestens 600.000 Euro in die Türkei transferiert haben, so die Anklage. 200.000 Euro soll er auch unter seinem Bett versteckt haben. Vor Gericht gab der Angeklagte hingegen an, er habe lediglich "maximal 150.000 Euro" von den falschen Polizisten erhalten.

Schwesterbeschwerte sich

Laut Anklage sollen Mutter und Schwester bereits im Jahr 2019 zahlreiche Wertgegenstände aus den Betrügereien in Belgrad entgegengenommen und in die Türkei gebracht haben. Per WhatsApp beschwerte sich die Schwester später bei ihrem Bruder, sie habe "die ganze Last" getragen.

Kurz nach 16.30 Uhr kollabierte die 55-Jährige im Verhandlungssaal erstmals, bei der Urteilsverkündung ein zweites Mal. Sie und ihre Tochter fassten wegen Geldwäsche und krimineller Vereinigung jeweils drei Jahre unbedingt aus. Ihre Verteidigerin Astrid Wagner legte dagegen Rechtsmittel ein.

Der 42-Jährige erhielt drei Jahre, davon eines unbedingt. Der Sohn fasste ein Jahr bedingt aus. Diese beiden Schuldsprüche sind bereits rechtskräftig.