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"Wollte nur den Gottesdienst sehen"

Von Daniel Bischof

Geldstrafe für Mann, der auf einer Corona-Demo einen Polizisten schwer verletzt haben soll.


Nur einen Gottesdienst im Freien habe er mit seinem Sohn besuchen wollen, meint der Angeklagte. Unschuldig sei er in den Trubel der Corona-Demos hineingedrängt worden. "Totaler Blödsinn" sei das, widerspricht ein Polizist. Der Mann habe ihn attackiert und einen Faustschlag auf den Kopf versetzt.

Unterschiedliche Darstellungen zu einem Vorfall auf einer Corona-Demo sind am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht zu hören. Angeklagt sind Herr T. und sein Sohn. Am 31. Jänner 2021 sollen sie auf einer Demo in Wien eine Polizeikette durchbrochen und Polizisten attackiert haben, die beiden bestreiten das.

Feldmesse und Sturmhaube

Der 39-jährige T. gibt an, er sei mit seinem Sohn nicht für die angekündigten und untersagten Corona-Demos in die Stadt gekommen. Ziel sei gewesen, einen Gottesdienst im Freien zu besuchen. Der Hintergrund: Am 31. Jänner fand im Volksgarten eine Kundgebung statt, die sich als "christliche Prozession" titulierte. Die Erzdiözese Wien warnte im Vorfeld vor einem "Missbrauch von Religion und Religionsfreiheit", die pseudoreligiöse Veranstaltung sei nur eine getarnte Corona-Demo.

T. und sein Sohn nahmen daran gar nicht teil, wie sie erklären. Man habe nicht gewusst, wo die Messe stattfinde, so der Vater. Am Ring habe man sich den anderen Menschen angeschlossen und sei mit ihnen mitgegangen. Man habe gehofft, die Messe auf diesem Weg zu finden: "Wir sind nicht nach Hause gegangen, weil wir den Gottesdienst sehen wollten."

Aufgrund des Drucks von hinten sei er dann von der Menge auf der Mariahilfer Straße an die Spitze des Marsches gespült worden. Dort hatte die Polizei bereits Stellung bezogen und eine Sperrkette gebildet. T. trug zu diesem Zeitpunkt eine schwarze Sturmhaube.

Was dann genau passiert sei, wisse er nicht mehr, so der Angeklagte. Er sei plötzlich am Boden gelegen, ein Polizist habe ihm einen Kniestoß verpasst und die Nase gebrochen. Dabei habe er nie versucht, die Sperrkette zu durchbrechen oder Polizisten zu attackieren, so der Angeklagte.

Auch sein Sohn bekennt sich nicht schuldig. Er wurde von den Polizisten ebenfalls zu Boden geworfen. Als er gesehen habe, "wie drei bis vier Polizisten an meinem Vater hängen, hatte ich echte Angst". Er habe ein oder zwei Beamte gestoßen - ein Verhalten, von dem er sich nun distanziere.

Ein Polizist, der auf der Mariahilfer Straße stationiert war, schildert die Situation anders. T. sei keineswegs durch den Druck von hinten nach vorne geschoben worden. Das sei "totaler Blödsinn", derart dicht gedrängt sei die Menge nicht gewesen, erklärt er.

Es habe sich aber um keine geschlossene Sperrkette gehandelt, "weil wir waren zu wenige dafür". Daher sei es Menschen gelungen, durchzubrechen, darunter sei auch T. gewesen. "Er hat sich sofort auf mich gehaut", sagt der Polizist. T. habe ihm einen Schlag auf den Kopf verpasst, durch Unterstützung habe er es dann geschafft, ihn zu Boden zu bringen, so der Polizist. Er gibt an, sich bei dem Einsatz eine Schädelprellung und Zerrung am Ellbogen zugezogen zu haben, 13 Tage sei er im Krankenstand gewesen.

Sohn freigesprochen

Diskutiert wird vor Gericht auch über ein Video, das - teils sehr unübersichtliche - Ausschnitte des Geschehens zeigt. So etwa den Tumult nach dem Durchbrechen der Kette, ein Gerangel zwischen T. und dem Polizisten und wie die Angeklagten festgenommen werden. T. und sein Verteidiger sehen darin Entlastendes, die Richterin folgt ihnen nicht. Sie verurteilt T. wegen schwerer Körperverletzung und Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einer unbedingten Geldstrafe von 2.000 Euro. Der Sohn wurde im Zweifel freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.