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Alter Streit mit neuen Konturen

Von Daniel Bischof

Im Vorfeld des U-Ausschusses erhöht die WKStA den Druck im Justizkonflikt deutlich und stellt Forderungen.


Das Thema wird sie nicht mehr los. Seit ihrem Amtsantritt im Jänner 2020 beschäftigen die Konflikte in ihrem Ressort Justizministerin Alma Zadic (Grüne). Diese Woche werden sie im U-Ausschuss zu Korruptionsvorwürfen gegen die ÖVP wieder prominent ausgeleuchtet.

Befragt wird neben Zadic am Mittwoch auch Ilse-Maria Vrabl-Sanda, die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Ihre Behörde klagt seit Beginn der Ibiza-Affäre über politische Einflussnahmen auf die Ermittlungen und eine Gängelung durch die ihr vorgesetzte Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien. Neu ist, dass die Behörde ihre Anliegen im Vorfeld der Befragungen im U-Ausschuss offener und konfrontativer als zuvor kommuniziert.

Im Wochentakt brachte Vrabl-Sanda im März ihre Kritik vor. Die jüngste Offensive startete sie am Wochenende. Sie forderte laut einem "profil"-Bericht den Ausschluss der Rechtsschutzbeauftragten Gabriele Aicher aus allen Ermittlungen, welche die Ibiza-Affäre betreffen. Aicher habe durch ihr Vorgehen das Amtsgeheimnis verletzt, erklärte Vrabl-Sanda. Ein weiteres Amtshandeln der Beauftragten wäre "unzulässig".

"Teil der Litigation-PR"

Aicher hatte nach Aufkommen der Inseratenaffäre rund um Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Ermittlungen der WKStA kritisiert. In einer medial publizierten Stellungnahme sah sie durch das Vorgehen der Behörde "eine rote Linie des Rechtsstaates überschritten". Einige Ermittlungsschritte und die Verfahrensführung der WKStA seien unzulässig. Aicher richtete dazu eine Beschwerde an das Oberlandesgericht Wien, eine Entscheidung ist noch ausständig.

Gegenüber der "Wiener Zeitung" konnten Strafrechtler der Kritik Aichers einiges abgewinnen. Es wurde aber auch bekannt, dass Aicher sich bei ihrer Stellungnahme von der Anwaltskanzlei Ainedter beraten ließ. Diese vertritt einen Beschuldigten in der Inseratenaffäre. Es entstehe der Eindruck, Aichers Kritik an der WKStA sei "Teil der Litigation-PR" des Beschuldigten, kritisierte Vrabl-Sanda. Die Beauftragte sei daher befangen. Auch hätte Aicher die Kanzlei nicht in die Sache einbeziehen dürfen, da sie dem Amtsgeheimnis unterliege. Dieses habe sie verletzt.

Gerichtet ist die in einem Schreiben vorgebrachte Kritik Vrabl-Sandas laut "profil" an Aichers Stellvertreterin Christine Sperker. Das Schreiben könnte als Versuch gedeutet werden, den internen Druck im Ressort auf Aicher zu erhöhen. Denn die Rechtsschutzbeauftragte ist weisungsfrei und unabhängig. Sie wird auf drei Jahre von der Justizministerin bestellt. Über eine mögliche Befangenheit muss sie selbst entscheiden. Die rechtliche Handhabe des Ressorts, gegen Aicher vorzugehen, ist also stark eingeschränkt.

Druck auf Justizressort

Vorgegangen ist hingegen die WKStA gegen die polizeiliche Soko Tape, die ihr rund um die Ibiza-Ermittlungen zuarbeitet. Die WKStA entzog ihr alle Ermittlungsaufträge. Vrabl-Sanda beklagte in einem Schreiben die "systematische Torpedierung des Ermittlungsverfahrens". Die Soko Tape dementierte das. Das Justizministerium, das der WKStA sonst zumeist Rückendeckung gibt, reagierte verhalten. In einer gemeinsamen Stellungnahme erklärten Justiz- und Innenministerium: "Eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Justiz- und Sicherheitsbehörden ist ein wesentlicher Grundpfeiler unserer Demokratie und somit des demokratischen Rechtsstaates."

Den Druck auf das Justizressort hat Vrabl-Sanda im März erhöht. Anlass waren Chats zwischen Ex-Sektionschef Christian Pilnacek und OStA Wien-Leiter Johann Fuchs, in denen sie über die WKStA schimpften und die mögliche Observation eines Staatsanwaltes in den Raum stellten. Vrabl-Sanda pochte auf eine "rigorose Aufarbeitung". Die Justiz könne und dürfe nicht zur Tagesordnung übergehen. Zuvor hatten Vertreter der WKStA bereits Mitte Februar in einem Offenen Brief an Zadic weitere Konsequenzen im Ressort gefordert.

Mehrere Minister als Zeugen

Diese Forderung könnte Richtung Fuchs gemünzt sein: Er ist weiter Leiter der OStA Wien. Die Aufsicht über die WKStA und den Ibiza-Komplex wurde ihm allerdings vom Justizressort entzogen und einem Innsbrucker Oberstaatsanwalt übertragen. Pilnacek ist hingegen suspendiert, mit einer außerordentlichen Revision dagegen scheiterte er zuletzt vor dem Verwaltungsgerichtshof, wie vergangene Woche bekannt wurde.

All die Konflikte werden am Mittwoch im U-Ausschuss behandelt werden, ebenso der Stand der diversen strafrechtlichen Ermittlungen. Und auch der Donnerstag ist diesen Themen gewidmet. Befragt wird Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter - da gegen ihn ermittelt wird, kann er sein Entschlagungsrecht gebrauchen.

Es folgt Ex-OGH-Präsident und Ex-Kurzzeit-Innenminister Eckart Ratz. Der Strafrechtler soll nach Angaben der Opposition die Volkspartei rund um die diversen Strafverfahren gegen ÖVP-Politiker beraten haben. Als mögliche dritte Auskunftsperson könnte die Kabinettschefin von Ex-Justizminister Clemens Jabloner befragt werden.