Zum Hauptinhalt springen

Rechtliche Debatte um Ermittlungsschritt der WKStA

Die Behörde will elektronische Daten von Mitarbeitern des Bundeskanzleramts sicherstellen. Dieses hält das Vorgehen für unzulässig.


Ein Ermittlungsschritt der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in der ÖVP-Inseratenaffäre zieht Debatten mit sich. Konkret geht es um eine Sicherstellungsanordnung, welche die WKStA Mitte August erlassen hat. Demnach sollen die elektronischen Daten der Mitarbeiter des Bundeskanzleramts, die von Dezember 2017 bis Oktober 2021 im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und strategische Kommunikation tätig waren, sichergestellt werden.

Das Bundeskanzleramt sieht das als unzulässig an und gibt die Daten nicht heraus. Sie hat Vertreter der WKStA am Mittwoch darüber informiert. Die Staatsanwaltschaft sieht ihr Vorgehen hingegen gesetzlich gedeckt.

In der ÖVP-Inseratenaffäre wird unter anderem Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz vorgeworfen, er habe ab dem Jahr 2016 frisierte Umfragen mit Steuergeldern gekauft und im Rahmen eines unzulässigen Deals in der Tageszeitung "Österreich" lanciert. Kurz bestreitet das.

Im Rahmen dieser Ermittlungen fanden im Oktober 2021 Hausdurchsuchungen statt. Bei Mitarbeitern des Kanzleramts, die in der Causa beschuldigt werden, wurden Handys beschlagnahmt: Die WKStA fand auf diesen "großflächige Löschungen von elektronischen Daten" vor. Diese will sie nun rekonstruieren - durch die Sicherstellung der E-Mails und sonstiger elektronischer Daten der Kanzleramt-Mitarbeiter.

Anordnung "zu unkonkret"

Dieses Vorgehen wird unterschiedlich beurteilt. "Der Gesetzgeber hat für den Zweck der Strafverfolgung nicht jedes Mittel legitimiert", sagt Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, zur "Wiener Zeitung". Peschorn vertritt in der Causa die Interessen der Republik. Einerseits sei die Sicherstellungsanordnung "zu unkonkret", so Peschorn. Sie enthalte keine konkreten Daten, Namen und Inhalte, sondern verlange allgemein die Sicherstellung umfangreicher elektronischer Daten zur Öffentlichkeitsarbeit. Dadurch könnte etwa auch ein Mitarbeiter, der bei einer Pressekonferenz im Kanzleramt das Mikrofon hochhalte, unter die Anordnung fallen. Ein "gesetzeskonformer Vollzug" der Anordnung sei daher nicht möglich: "Es ist nicht ausreichend determiniert, was bei wem wie konkret sichergestellt werden soll."

Andererseits sei die Sicherstellungsanordnung in diesem Fall auch das jedenfalls nicht angemessene Rechtsinstrument. Die WKStA müsste hier nämlich im Wege der Amtshilfe vorgehen, so Peschorn. Dafür müsste aber auch das Amtshilfeersuchen konkret ausformuliert sein.

Die WKStA sieht das anders: "Für die Erlangung von bei Behörden und öffentlichen Dienststellen befindlichen Daten ist grundsätzlich das Institut der Amtshilfe eingerichtet. Unter Umständen ist aber auch in Amtsräumlichkeiten eine Sicherstellung vorzunehmen, die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht", heißt es in einer Stellungnahme der Behörde.

Vorgehen wird geprüft

Das sei der Fall, "wenn die Erlangung der begehrten Beweismittel im Wege der Amtshilfe tatsächlich nicht möglich" sei beziehungsweise "bereits durch Bekanntwerden des beabsichtigten Amtshilfeersuchens Ermittlungen gefährdet werden würden". In solchen Konstellationen sei "schon bisher in diesem und anderen Ermittlungsverfahren mit der Ermittlungsmaßnahme der Anordnung der Sicherstellung vorgegangen" worden, so die Behörde. Sie verweist darauf, dass den Betroffenen "weitgehende Beschwerderechte" im Rechtsmittelverfahren offen stünden.

Die WKStA prüft nun die weitere Vorgehensweise. Peschorn begehrt ein "konkretes Amtshilfeersuchen". Sollte es dazu nicht kommen, wären grundsätzlich zwei Optionen denkbar. Die Sicherstellungsanordnung - sie muss nicht von einem Haft- und Rechtsschutzrichter genehmigt werden - kann durch die Kriminalpolizei vollzogen werden. Als Rechtsmittel stünde den betroffenen Mitarbeitern ein Einspruch wegen Rechtsverletzung an das Landesgericht offen. Auch könnte das Bundeskanzleramt die Versiegelung der Daten verlangen, bis ein Gericht entscheidet, welche Daten verwendet werden können.

Maximale Eskalationsstufe wäre eine Hausdurchsuchung: Dafür müsste die WKStA einen Antrag an den Haft- und Rechtsschutzrichter stellen, dieser muss sie per Stempelbeschluss bewilligen. Dagegen ist eine Beschwerde an das Oberlandesgericht durch die Betroffenen möglich.(dab)