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Grabenkampf ums Weisungsrecht

Von Daniel Bischof

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler widerspricht den Kernforderungen der Arbeitsgruppe zum Bundesstaatsanwalt.


Ein klares Nein erteilt die ÖVP den Ideen der Arbeitsgruppe zur Bundesstaatsanwaltschaft. Wenn man das Modell der Arbeitsgruppe so umsetze, "schaffe man einen demokratiefreien Raum", sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Freitag bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten. Eine Zustimmung der ÖVP zu einer Bundesstaatsanwaltschaft knüpft sie daran, dass eine parlamentarische Kontrolle des Organs möglich ist: "Das ist nicht verhandelbar."

Die Grünen graben sich in einer anderen Position ein. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) verteidigt nämlich das Konzept der Arbeitsgruppe. Sie halte dieses für sehr gelungen und kreativ, sagte die Justizministerin am Freitag im "Kurier"-Interview. Politik und Justiz würden so noch klarer getrennt werden "und die größtmögliche Unabhängigkeit gewahrt" werden, erklärte Zadic.

Die türkis-grüne Bundesregierung hatte im Februar 2021 in einem Ministerratsvortrag festgehalten, dass eine unabhängige und weisungsfreie Bundesstaatsanwaltschaft geschaffen werden soll. Daraufhin setzte Justizministerin Zadic eine 26-köpfige Arbeitsgruppe ein, die ein Modell erarbeiten sollte. Sie konstituierte sich im Mai 2021.

Nach mehr als einem Jahr legte sie vergangene Woche ihren Endbericht vor. Sie sprach sich darin dafür aus, die Spitze der Weisungskette auf unabhängige Senate, bestehend aus drei Generalanwälten, auszulagern. Die Justizministerin soll ihre Weisungsbefugnis gegenüber den Staatsanwälten verlieren. Denn allein dadurch, dass die Ministerin Weisungen erteilen kann, entstehe bereits der Anschein, sie könne Strafverfahren aus rein politischen Motiven beeinflussen, so der Bericht.

Knackpunkt Kontrolle

"Das ist der Bericht und das ist es jetzt": Dieser Vorstellung wolle sie entgegentreten, sagte Edtstadler. Im Ministerratsvortrag habe man festgehalten, dass die parlamentarische Kontrolle der Weisungsspitze sicherzustellen ist. Laut Edtstadler lässt das Modell der Arbeitsgruppe diesen Punkt aus. Man dürfe nicht den Fehler machen, Staatsanwälte mit Richtern gleichzusetzen.

Derzeit ist die Justizministerin als oberstes Organ der Vollziehung für die Handhabung ihrer Weisungen parlamentarisch verantwortlich. Der Nationalrat kann etwa ein Misstrauensvotum oder eine Ministeranklage gegen sie einbringen. Die Arbeitsgruppe will die parlamentarische Kontrolle der Fachsenate bei laufenden Strafverfahren ausschließen. Parlamentarische Anfragen sollen nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens gestellt werden können.

Differenzen bei Bestellung

Edtstadler lehnt das ab, auch von den Weisungssenaten hält sie nichts: "Eine Person muss verantwortlich sein." Die Bestellung, Abberufung und laufende Kontrolle dieser Person müsse durch das Parlament erfolgen.

Die Arbeitsgruppe hatte sich mehrheitlich "gegen eine Bestellungs- und Einflussmöglichkeit des Nationalrats" ausgesprochen, "weil ein politischer Einfluss gerade zu vermeiden sei", heißt es in dem Bericht. Die Arbeitsgruppe will Besetzungsvorschläge durch Personalsenate in der Justiz, diese gehen an die Justizministerin, die schließlich Ernennungsvorschläge an den Bundespräsidenten erstatten soll.

Wie genau die laufende Kontrolle der Bundesstaatsanwaltschaft erfolgen soll, da sei sie offen, "über alles zu reden", was eine Verbesserung der Transparenz bringe, so Edtstadler. Allerdings gibt es hier unterschiedliche Angaben von Türkis und Grün zu einer möglichen Kontrolle des Bundesstaatsanwaltes durch einen ständigen Unterausschuss im Nationalrat. Zadic erklärte im "Kurier", diese Idee sei bereits beim Ministerratsvortrag im Februar 2021 "wegverhandelt worden". Edtstadler bestritt das. Sie könne Zadics Aussage "ehrlich gesagt nicht nachvollziehen", sagte sie.

Bei den Verhandlungen müssen nun nicht nur die beiden Positionen unter einen Hut gebracht werden. Edtstadler fordert, dass die Reform im Rahmen eines Gesamtpakets beschlossen werden muss. Mit ihr einhergehen müsse eine Stärkung der Beschuldigtenrechte, die Verkürzung der Verfahrensdauer und ein höherer Kostenersatz bei Freisprüchen.