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Staatsanwälte warnen vor Deadline bei Ermittlungen

Von Daniel Bischof

Ministerin Edtstadler fordert Höchstdauer für Verfahren, Staatsanwälte-Präsidentin Koller hält nichts davon.


Einer Deadline für Ermittlungsverfahren erteilt Cornelia Koller eine Absage. "Das könnte gerade im Terrorismus- und Wirtschaftsbereich dazu führen, dass Beweise gut versteckt werden, wir sie nicht finden und dann nicht mehr ermitteln können", sagt die Präsidentin der Staatsanwälte-Vereinigung zur "Wiener Zeitung". Sie warnt daher ausdrücklich vor einer "absoluten Fallfrist".

Eine solche Frist schwebt Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) vor. Sie forderte am Sonntag im ORF, dass Ermittlungsverfahren maximal zwei bis drei Jahre dauern dürfen, in schwierigen Fällen vier Jahre. "Alles andere ist ein Wahnsinn", sagte die Ministerin. Zuvor hatte bereits der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages, Armenak Utudjian, auf eine Höchstdauer gepocht. "Wir wollen eine Verfolgungsverjährung. Denkbar ist, dass bei einem großen Aufwand das Verfahren einmal verlängert werden kann. Nach einer gewissen Zeit soll das Delikt aber nicht mehr verfolgt werden können", sagte Utudjian zur "Wiener Zeitung".

Regeln im Gesetz

Koller ist gegen diese Vorstöße. Sie verweist darauf, dass eine Höchstdauer für alle Delikte gelten müsse, also auch für den Drogenhandel, Kinderpornografie und Terrorismus: "Das sind Bereiche, wo es viele Datenauswertungen und internationale Verflechtungen gibt. Das sind die zwei Hauptgründe für lange Ermittlungen. Da müsste man ansetzen."

Regeln zur Verfahrensdauer seien vorhanden, sagt Koller. Gemäß § 108 Strafprozessordnung (StPO) können Beschuldigte die Einstellung des Ermittlungsverfahrens beantragen. Der Antrag darf je nach Delikt frühestens drei bis sechs Monate nach Beginn des Verfahrens eingebracht werden, über diesen entscheidet das Gericht. In § 108a StPO ist eine Überprüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens geregelt. Läuft das Verfahren länger als drei Jahre, muss die Staatsanwaltschaft das gegenüber dem Gericht begründen. Stellt das Gericht das Verfahren nicht ein, wird es um zwei weitere Jahre verlängert. Danach erfolgt eine erneute Überprüfung. Utudjian hält das für unzureichend: "In der Regel ist das nur ein Beschluss, mit dem die Fortsetzung der Ermittlungen angeordnet wird." § 108a StPO sei weitgehend totes Recht geblieben, sagt Strafrechtler Klaus Schwaighofer von der Uni Innsbruck: "Jedenfalls gibt es meines Wissens keine Fälle, in denen eine Verlängerung des Ermittlungsverfahrens nicht gewährt worden wäre." Man könnte daher versuchen, den § 108a StPO nachzuschärfen.

"Kein Rechtsschutzdefizit"

"Ich weiß nicht, wo hier ein Rechtsschutzdefizit vorliegen könnte", sagt hingegen Koller. Es handle sich um einen schriftlich ausgeführten Beschluss eines Richters, "der sich damit auseinandersetzen muss, warum er das Verfahren verlängert, und der beurteilt, was bisher geschehen ist". Er müsse nicht nur prüfen, welche Beweise noch fehlen und zu erwarten sind, sondern auch, ob die Staatsanwälte das gesetzlich vorgeschriebene Beschleunigungsgebot bei Strafverfahren beachtet haben, so Koller. Sei der Beschuldigte mit der Entscheidung des Einzelrichters nicht einverstanden, könne er ein Rechtsmittel an einen Drei-Richter-Senat beim Oberlandesgericht erheben.

Schwaighofer hält weitere Überlegungen für die "Verkürzung überlanger Ermittlungsverfahren für angebracht". Eine absolute Höchstfrist einzuziehen sei aber schwierig, "weil es besonders komplizierte Verfahren geben kann". Etwa jene mit aufwendigen Sachverständigengutachten oder Rechtshilfeersuchen an exotische Staaten. Auch zu beachten seien die Berichtspflichten der Staatsanwälte an die Oberstaatsanwaltschaften und das Justizministerium, "die in schwerwiegenderen Fällen, in denen prominente Personen des öffentlichen Lebens involviert sind, meines Erachtens schon notwendig sind".