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"Meine Blutwerte sind top"

Von Daniel Bischof

Bodybuilder: "In dieser Szene geht ohne Doping nichts", sagte ein Zeuge.


Wien. Hartes Training. Die richtige Ernährung. Es sind zwei der Eckpfeiler, die professionelle Bodybuilder brauchen, um in der Szene zu bestehen. Geht es nach einem 42-jährigen Angeklagten, bedarf es aber auch spezieller Hilfsmittel. Doping nehme man in der Früh, so wie andere Menschen halt Kaffee trinken würden, erzählt er. "Ist das gesund?", fragt ihn Einzelrichter Wilhelm Mende. "Meine Blutwerte sind top", antwortet der Angeklagte lächelnd.

Der 42-Jährige, der sich am Freitag am Wiener Straflandesgericht wegen mehreren Verstößen gegen das Anti-Doping-Gesetz zu verantworten hat, wirkt äußerst gefasst. Zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft Wien, dass er an mehrere Abnehmer Dopingmittel weitergegeben haben soll, zeigt er sich zu Prozessbeginn weitgehend geständig. Höflich und ruhig beantwortet er die Fragen von Mende. Ganz in schwarz gekleidet, sitzt er vor dem Richter. Die Ausmaße seiner gigantischen Oberarme lassen sich durch den Anzug nur erahnen.

Der Angeklagte habe ja nur "kleinste Mengen" weitergegeben, meint Verteidiger Werner Tomanek in seinem Eröffnungsplädoyer. Im Wesentlichen habe sein Mandant mit den von der Anklage umfassten Mitteln nur den Eigenbedarf bestritten. "Dass man so nicht ausschaut vom Äpfel essen und bei offenem Fenster schlafen, ist evident", sagt Tomanek.

"Üblicherweise hat manVorräte zu Hause"

Seit 2008 nimmt der Angeklagte bei Bodybuilder-Wettbewerben teil - durchaus mit Erfolg. Bei manchen Wettkämpfen landete er sogar auf Spitzenplätzen. Hauptberuflich ist er als selbstständiger Unternehmer tätig. Er handelt mit Sportnahrung. 2014 wurde er bereits einmal wegen des Verkaufs von Anabolika rechtskräftig verurteilt.

Im ruhigen Tonfall, offen und direkt, gibt der Angeklagte Einblicke in die Dopingszene. Die Mittel nehme man etwa in der Vorbereitungszeit vor den Wettkämpfen. "Üblicherweise hat man Vorräte zu Hause." Von Kleinigkeiten hänge es nämlich ab, ob man Erster oder Vierter werde. "Und warum kriegt der Kollege was?", fragt Mende. "Man hilft sich aus", erklärt der Angeklagte. So gebe man sich gegenseitig das, was einem halt gerade fehle.

"Das ist einfach in unseren Kreisen so üblich, dass man sich austauscht", sagt er. Deshalb habe er Bekannten auch Ampullen weitergegeben. In der Verhandlung wird ausführlich über Mengen und Wirkstoffe - darunter Testosteron, Somatropin und Trenbolon - gesprochen. Welche Menge man jeweils zu nehmen hat, kann der Angeklagte genau angeben. Sieben Gramm Testosteron würden für zweieinhalb bis drei Wochen etwa reichen, erklärt er.

Vor Gericht werden auch einige seiner angeblichen Abnehmer - allesamt stämmige, muskulöse Männer - als Zeugen befragt. Einer von ihnen hat bei seiner polizeilichen Vernehmung angegeben: "In dieser Szene geht ohne Doping nichts".

"Schwimmbadverschönerungsmaßnahme"

Dass sie vom Angeklagten Doping bekommen haben, geben alle drei Zeugen an. Er habe vom Angeklagten zwei Fläschchen Dopingmittel für die Wettkampfvorbereitung gekauft. Dieses habe er sich dann in die Muskeln injiziert, sagt einer von ihnen. Ein weiterer Mann mit riesigen Oberarmen gibt ebenfalls an, zwei bis drei Fläschchen vom Angeklagten bekommen zu haben.

Er selbst habe nicht bei den Bodybuilder-Wettkämpfen teilgenommen. Das Doping sei für ihn - so wörtlich - eher eine "Schwimmbadverschönerungsmaßnahme" gewesen. "Was braucht man denn so zum Erhalten?", erkundigt sich Mende. Das komme auf das jeweilige Gewicht an, erklärt der Zeuge.

Am Freitag wurde die Verhandlung zur weiteren Beweisaufnahme auf unbestimmte Zeit vertagt. Im weiteren Prozessverlauf ist unter anderem auch geplant, einen Dopingmittel-Experten zu befragen.