Brüssel/London. (red) Nichts weniger als "eine Art Vereinigter Staaten von Europa" entwarf der Visionär Winston Churchill in einer Rede 1946 an der Universität Zürich - als Zukunftslösung für die Misere nach dem Zweiten Weltkrieg. Nur so könnten die hunderten Millionen Europäer "einfache Freuden und Hoffnungen, die das Leben lebenswert machen", wiedererlangen, erklärte der konservative britische Premier damals.

Als Kern dieser "USE" betrachtete Churchill eine Partnerschaft zwischen Frankreich und Deutschland, wobei Frankreich die "moralische und kulturelle Führung" haben sollte. Großbritannien sah Churchill allerdings nicht als Teil des zu schaffenden Staatenbundes an: "Wir Briten haben unseren eigenen Commonwealth of Nations", betonte Churchill, der dem losen Staaten-Zusammenschluss mit den früheren Kolonien und der speziellen Partnerschaft mit den USA damals eindeutig Priorität einräumte.

- © M. Hirsch
© M. Hirsch

Knapp fünfzehn Jahre später war es aber ausgerechnet ein Parteikollege Churchills, der das Vereinigte Königreich in die 1957 von Frankreich, Deutschland, den Benelux-Ländern und Italien gegründete Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) führte. Harold Macmillan, der 1957 britischer Premierminister geworden war, stellte 1961 einen Beitrittsantrag, obwohl im Jahr davor die EFTA (Europäische Freihandelsassoziation) als Konkurrenzprojekt unter Führung Großbritanniens und mit Österreich sowie weiteren neutralen Staaten an Bord aus der Taufe gehoben worden war. Macmillan machte damals deutlich, dass es nicht weiter konkretisierte "politische und wirtschaftliche Gründe" für einen Beitritt gibt. Zugleich betonte er, dass er sehr wohl am Commonwealth als auch an der EFTA festhalten wollte.

Frankreich sagt Nein

Während Großbritannien in dieser Phase die Nähe zu den EG-Staaten suchte, reagierten diese auf die zwei Beitrittsgesuche - nach Macmillan hat auch sein Labour-Nachfolger Harold Wilson einen entsprechenden Antrag gestellt - ablehnend. Allen voran widersetzte sich Frankreich in den 60er Jahren einer Aufnahme der Briten. Staatspräsident Charles De Gaulle führte dabei vor allem die großen Unterschiede in Wirtschaft und Landwirtschaft zwischen dem Vereinigten Königreich und den EG-Staaten ins Treffen. Es gab aber für ihn auch handfeste politische Gründe: Angesichts des engen Verhältnisses Londons zu Washington wollte De Gaulle eine "kolossale atlantische Gemeinschaft in amerikanischer Abhängigkeit und unter amerikanischer Führung, welche die Europäische Gemeinschaft bald absorbiert hätte", verhindern.