Brüssel. (czar) Spekuliert wurde in der Vorwoche, fixiert wurde er diesen Freitag: Ein Sondergipfel zum Brexit stand schon beim regulären EU-Gipfel im Raum, nun ist er einberufen. EU-Ratspräsident Donald Tusk hat das Datum für das Treffen kurz nach der - dritten - Ablehnung des Austrittsabkommens im Londoner Unterhaus festgesetzt: Am 10. April sollen die Staats- und Regierungschefs erneut in Brüssel zusammenkommen.

Bis dahin wollen sie wissen, ob die Briten zwei Tage später auch ohne Vereinbarung die EU verlassen - oder die Trennung von der Gemeinschaft noch deutlich verzögern. Der Preis dafür wäre allerdings die Teilnahme an der EU-Wahl im Mai. Genau das müsste die britische Regierung eben bis 12. April entscheiden. Tut sie es nicht, folgt ein harter Brexit. Legt sie sich darauf fest, am EU-Votum teilzunehmen, könnte der Austritt Großbritanniens um etliche Monate verschoben werden.

Dass das Brexit-Chaos in London für wachsenden Unmut in den 27 anderen Hauptstädten der EU sorgt, war schon beim Gipfeltreffen in der Vorwoche deutlich spürbar. Das Thema hatte auch anderes überschattet, das die Spitzenpolitiker besprechen wollten. Die Tagesordnung wurde kurzfristig geändert, um stundenlang über das Angebot an Großbritannien zu beraten.

Frankreich besonders streng

Dabei zeigten sich aber auch Auffassungsunterschiede, die am Freitag nach der neuerlichen Abstimmung im Unterhaus wieder sichtbar wurden. So soll Frankreich, das schon lange gegenüber Großbritannien einen härteren Kurs fährt als etwa Deutschland und Polen, vor einer Woche darauf gepocht haben, London damit unter Druck zu setzen, nur eine sehr kurze Verzögerung der Austrittsfrist zu gewähren.

Staatspräsident Emmanuel Macron war diesen Freitag denn auch einer der Ersten, der darauf drängte, die Vorbereitungen für einen harten Brexit ohne Vertrag zu beschleunigen. Auch der niederländische Premierminister Mark Rutte sprach davon, dass die No-Deal-Variante nun immer mehr Gestalt annehme. Ähnlich kommentierte sein österreichischer Amtskollege Sebastian Kurz: Ein geordneter Brexit werde immer unwahrscheinlicher.

Andere Staaten wiederum hatten sich bereits beim vergangenen Gipfeltreffen dafür eingesetzt, der britischen Premierministerin Theresa May mehr Spielraum durch eine längere Frist zu gewähren. Polen, das nicht zuletzt um die Bürgerrechte hunderttausender Landsleute fürchtet, die auf der Insel leben, gehört zu den Staaten, die einen harten Brexit besonders vehement ablehnen. Es plädiert daher eher für Zugeständnisse an London. Premierminister Mateusz Morawiecki beeilte sich daher am Freitag zu versichern, dass Warschau einer Brexit-Verschiebung zustimmen würde - auch einer langen.

EU-Chefverhandler Michel Barnier hat es bisher geschafft, die EU-Länder auf einer Linie zu halten. Er wird sich weiter darum bemühen müssen.