Mit dem EU-Austritt Großbritanniens verliert die Gemeinschaft ihre zweitgrößte Wirtschaftsmacht und ihren viertgrößten Beitragszahler. Gleichzeitig verabschiedet sich ein ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat sowie eine Militär- und Nuklearmacht aus dem Kreis der EU-Staaten.
Eines ist fix: Ab Samstag besteht die Europäische Union aus 27 Staaten. Doch welche weiteren Konsequenzen der Brexit nach sich ziehen wird, ist in vielen Bereichen noch ungewiss.
Was ändert sich nun am 1. Februar im Alltag?

Nichts, sagt die EU-Kommission. Denn unmittelbar nach dem Austritt beginnt eine Übergangsphase bis 31. Dezember. "Bis zu diesem Zeitpunkt ergeben sich für Bürger, Verbraucher, Unternehmen, Investoren, Studenten und Forscher in der EU und im Vereinigten Königreich keine Änderungen", versichert die Brüsseler Behörde. Reisen lässt sich wie bisher, Roaming-Gebühren beim Handy gibt es weiterhin nicht. Online-Bestellungen von britischen Webseiten sind ebenso möglich wie Studienaufenthalte mit EU-Stipendien.
Für Großbritannien bedeutet die Übergangsphase, dass das Land zwar offiziell ein Drittstaat ist, sich aber bis Jahresende an alle EU-Regeln halten und ins EU-Budget einzahlen muss. EU-Programme laufen auf der Insel weiter. Nur darf das Land in Brüssel nicht mehr mitreden, weder bei EU-Ministertreffen noch im EU-Parlament. Dort verlieren 73 britische Abgeordnete ihr Mandat.
Was folgt nach der Übergangsphase?
Das zieht die meisten Fragen nach sich. Wird es künftig Zölle geben? Wie intensiv werden Waren an den Grenzen kontrolliert? Wer darf wo in der Nordsee wie viel Fisch fangen? Ändert sich künftig doch etwas beim Reisen? Dürfen EU-Bürger weiter in Großbritannien arbeiten? Wie geht es weiter mit dem Studentenaustausch? Darf die Polizei auch künftig Verbrecherdaten austauschen? All das müsste vor Jahresende beantwortet und vertraglich festgelegt werden. Ohne ein Partnerschaftsabkommen droht doch noch der Sturz ins Ungewisse.
Was ist schon vertraglich geregelt?
Ein Chaos-Brexit ohne Austrittsvertrag ist dennoch fürs erste vermieden worden. Denn das Abkommen enthält schon einige auf Dauer angelegte Klauseln. Eine der wichtigsten darunter ist die Vereinbarung für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland. So ist bereits fixiert, dass in Nordirland in jedem Fall für die nächsten Jahre einige Regeln des EU-Binnenmarkts und besondere Zollregeln gelten. Ebenso klärt der mehr als 500 Seiten starke Vertrag, wie viel London noch für offene Rechnungen an die EU zahlen muss. Vereinbart ist auch: Parmaschinken, bayerisches Bier und andere regionale Esswaren bleiben in Großbritannien geschützt - ebenso wie walisisches Lamm und anderes in der EU.
Was muss jetzt als Erstes geklärt werden?
Oberste Priorität in den Verhandlungen der nächsten Monate ist für beide Seiten ein Handelsabkommen. Das Motto lautet: keine Zölle, keine Kontingente, kein Dumping. Die EU will den britischen Zugang zum Binnenmarkt nur in dem Maß gewähren, in dem Großbritannien auch künftig gemeinsame Standards einhält, seien es nun Umwelt-, Sozial-, Steuer- oder Warenstandards. Über eine etwaige Verlängerung der Übergangsfrist wäre vor dem 1. Juli zu entscheiden. (dpa/apa)